Wie KI die Medizin verändert

Eine personalisierte Gesundheitsversorgung wird künftig immer häufiger bei der Therapie von Erkrankungen eingesetzt. Künstliche Intelligenz spielt dabei eine wichtige Rolle, da sie Fähigkeiten zur Analyse großer Datenmengen und zur Erkennung komplexer Muster beherrscht.

Künstliche Intelligenz und Big Data verändern das Gesundheitswesen

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Künstliche Intelligenz und Big Data verändern das Gesundheitswesen

Marten Neubauer, Field Director Healthcare bei Dell, beschäftigt sich fortlaufend mit dem wachsenden Einfluss digitaler Lösungen in der Medizin. "Mithilfe von Big Data und Künstlicher Intelligenz ermöglicht die Präzisionsmedizin eine Versorgung, die ganz auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten ist, und verspricht damit eine Revolution im Gesundheitswesen. Unternehmen, die in diesem Bereich tätig sind, müssen jedoch sorgfältig planen und strategisch vorgehen, um die damit verbundenen Herausforderungen zu meistern und das Potenzial der KI voll auszuschöpfen", meint er.

Bessere Heilungschancen, höhere Kosten

Präzisionsmedizin, auch als personalisierte Medizin bekannt, zielt darauf ab, medizinische Behandlungen auf die individuellen Bedürfnisse und genetischen Profile jedes einzelnen Patienten abzustimmen. Das war bisher meistens nicht möglich. Der behandelnde Arzt wählte das therapeutische Verfahren, das bei einer bestimmten Diagnose als die bewährteste und beste Lösung galt. Personalisierte Medizin, die deutlich bessere Behandlungsmethoden verspricht, galt aufgrund fehlender Technologien als nicht umsetzbar und vor allem als nicht bezahlbar. Angesichts der rasanten Fortschritte in der Künstlichen

Intelligenz und der wachsenden Menge an Gesundheitsdaten rückt eine individuelle, auf das genetische Profil abgestimmte Behandlung für immer mehr Patienten in greifbare Nähe. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt gilt: Personalisierte Medizin ist kostspielig. Sie erhöht die Heilungschancen, aber – vorerst - auch die Gesundheitskosten.

Doch was bringt die Präzisionsmedizin konkret? Eines der prominentesten Anwendungsgebiete ist die Krebstherapie. Sogenannte Biomarker können wichtige Hinweise auf spezifische Tumoreigenschaften geben und ein erhöhtes Risiko anzeigen. So weiß die Medizin heute, dass Frauen mit einer Mutation des BRCA-Gens mit hoher Wahrscheinlichkeit an Brust- oder Eierstockkrebs erkranken. KI kann die genomischen Daten einer Patientin analysieren und so bestimmte molekulare Signaturen wie die BRCA-Mutation schnell erkennen. Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht präventive Maßnahmen und erhöht damit die Heilungschancen.

Ein weiteres wichtiges Einsatzgebiet ist die individualisierte Medikamentenentwicklung. Auch hier hilft die Präzisionsmedizin: Mithilfe von Gentechnik und KI lassen sich in kürzester Zeit individuelle Therapeutika entwickeln und deren Wirkung vorhersagen. So können Arzneimittel auf einzelne Patienten zugeschnitten werden, was die Wirksamkeit der Behandlung erhöht und Nebenwirkungen reduziert.

KI erkennt quasi in Echtzeit Muster

Welche Rolle spielen Big Data und Künstliche Intelligenz in der Präzisionsmedizin? Für eine personalisierte Therapie in der Medizin sind mehrere Komponenten notwendig, die eng miteinander verzahnt sein müssen. Eine zentrale Rolle spielt das Sammeln, Aufbereiten und Interpretieren der Daten. Hier kommt zunächst Big Data ins Spiel. Nur so lassen sich die riesigen Datenmengen speichern und auswerten, die bis vor kurzem noch zu groß, zu schnelllebig oder zu heterogen waren, um sie zu verarbeiten. Die Dateninterpretation wiederum erfordert Künstliche Intelligenz. KI ermöglicht es, in den verfügbaren Informationen quasi in Echtzeit Muster zu erkennen, nach denen sonst mühsam und langwierig gesucht werden müsste, um daraus Erkenntnisse abzuleiten. In der Präzisionsmedizin wird so beispielsweise die umfassende Auswertung genomischer Datensätze Realität, mit deren Hilfe Ärzte dann zielgerichtete Therapien anwenden können.

Schwarmlernen für bessere Datenqualität

Welche Herausforderungen lauern bei der Umsetzung? Wenn mit sensiblen Informationen wie Patientendaten gearbeitet wird, steigt die Notwendigkeit einer hohen Datenqualität, klinischer Governance und ethischer Aufsicht. Es muss gewährleistet sein, dass die KI-Lösungen stets zuverlässig, sicher und zum Nutzen der Patienten arbeiten. Darüber hinaus ist die Präzisionsmedizin auf saubere Daten angewiesen, um jegliche Verzerrungen oder Verfälschungen der datengestützten Ergebnisse zu vermeiden. Kliniken und Forschungseinrichtungen können aber nicht einfach die Daten möglichst vieler Institutionen zusammenführen, um genügend Material für das Modelltraining zu haben. Dies verbietet der Gesetzgeber aus Datenschutzgründen. Zudem würde das Kopieren und Übertragen die IT-Infrastruktur vor große Herausforderungen stellen. Eine Lösung ist das sogenannte Schwarmlernen, bei dem verschiedene Institutionen zu einem Netzwerk verbunden werden, während das KI-Training nach wie vor auf den Servern der einzelnen Kliniken läuft. Die besten Ergebnisse werden dann für die nächste Lernrunde an alle geschickt. So wird der gesamte Schwarm immer besser, und gleichzeitig bleiben die Daten in den jeweiligen Institutionen.