Aktie von Crowdstrike bricht erneut ein – erste Schadensersatzprüfungen angemeldet

Das Börsenbeben für Crowdstrike am vergangenen Freitag, ausgelöst durch einen Update-Fehler mit folgenschwerer IT-Panne, hat sich auch zu Wochenanfang nicht gelegt. In zwei Tagen verlor Crowdstrike 18 Mrd. US-Dollar an Börsenwert. Ist das nun eine gute Nachricht, wie manche Börsenanalysten den tiefen Kursrutsch zu verkaufen versuchen? Erst einmal innehalten.

Schwarzer Freitag für Crowdstrike an der Nasdaq: Die Aktien des US-Sicherheitsanbieters reagierten auf die weltweite IT-Panne mit einem Minus von einem Viertel innerhalb von 2 Handelstagen.

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Schwarzer Freitag für Crowdstrike an der Nasdaq: Die Aktien des US-Sicherheitsanbieters reagierten auf die weltweite IT-Panne mit einem Minus von einem Viertel innerhalb von 2 Handelstagen.

Politische Krisen haben kurze Beine, lautet eine bekannte Börsenweisheit. Sie besagt, dass unvorhergesehene politische Krisen die Aktienmärkte zwar einbrechen lassen können, sich die Kurse aber schnell wieder erholen und somit keine langfristigen Folgen für die Kapitalmärkte zu erwarten sind. Das jüngst Beispiel, der Ukraine-Krieg, bestätigt diese Annahme. Manche Börsenanalysten übertragen diese These aus aktuellem Anlass auch auf Crowdstrike und gehen davon aus, dass die IT-Panne vom vergangenen Freitag dem Börsenwert und Kurverlauf der Papiere des US-Sicherheitsanbieters auf längere Sicht nicht schaden würde. Es sei ja kein Hackerangriff gewesen, der die Fähigkeiten der Crowdstrike-Plattform, Cyberbedrohungen abzuwehren, in Frage stellen würde.

Wessen Stirn jetzt runzelt, macht sich völlig zurecht so seine Gedanken.

Denn die Übertragung einer für die allgemeine Börsenlage offenbar stimmigen "Weisheit" auf ein Einzelunternehmen mit sehr spezifischen Problemen und offenbar ungelösten Herausforderungen ist ziemlicher Humbug. Oder Teil einer Agenda?

Wenn man in Börsenforen jetzt davon liest, dass der Kurseinbruch vom einstigen Börsenliebling Crowdstrike doch eine einmalige Chance zum Einstieg in die Papiere sei, sollte man genau hinschauen, von welchem Analysten eine solche Kaufempfehlung kommt. Ist dessen Fonds oder Bankhaus in Crowdstrike investiert oder sonst als Betreuer der Aktien (Designated Sponsor) tätig? Die ultimative Dreifaltigkeit eines "Market-Makers", die an Herdentriebkraft nicht zugkräftiger sein könnte, hatten wir schon einmal.

Chefredakteur eines Aktienmagazins und Fondsmanager in einem - alias "Mr. Dausend Euro"

Am einstigen Neuen Markt der Frankfurter Wertpapierbörse, des einstigen Sammelplatzes für Hochstapler und Betrüger (freilich mit Ausnahmen wie Bechtle und Cancom). Da agierte der Chefredakteur eines Aktienmagazins aus Franken, zugleich Manager eines eigens aufgelegten Fonds mit 3 Mrd. D-Mark Volumen und schließlich auch PR-Dienstleister, bei dem börsenschwache Unternehmen Jubelanalysen für 10.000 Mark bestellen konnten. Mehr als 20 Jahre ist das nun her, die Gier an der Börse und die Methoden, sie für sich urbar zu machen, sind heute dieselben wie damals.

Lassen wir also Fakten sprechen. Der Kurssturz bei Crowdstrike setzte sich am Montag fort, und zwar mit einer höheren Dynamik als am vergangenen Freitag, da die Aktie an der Nasdaq bei 11 Prozent Tagesminus schloss (304, 96 US-Dollar). Es war eine heftige, aber noch keinesfalls völlig erschütternde Reaktion auf die durch einen Update-Fehler von Crowdstrike verursachte, weltweite IT-Panne. Allerdings gab es aufgrund eines Ausfalls der IT auch noch nie einen ARD-Brennpunkt im Anschluss an die 20 Uhr-Tagesschau. Über Angriffe auf Softwarelieferketten, wie beim Hackerangriff auf Solarwinds vor vier Jahren, hatte die Tagesschau zwar berichtet. Die Folgen dieser Panne waren im Vergleich zum Crowdstrike-Vorfall zwar auch global, aber doch begrenzt auf einige Kunden mit Filialen und Kassensystemen.

Kurseinbruch setzte sich am Montag fort

Am gestrigen Montag setzte sich die Talfahrt der Crowdstrike-Papiere fort, und zwar mit einem Minus von 13,5 Prozent auf 263, 91 US-Dollar (Schlusskurs Nasdaq). Damit hat der US-Sicherheitsanbieter innerhalb von 2 Tagen fast ein Viertel seines Werts verloren, umgerechnet 18 Mrd. US-Dollar Marktkapitalisierung. Im Vergleich zum Jahresanfang 2024 bei knapp 245 Dollar liegen die Papiere immer noch im Plus. 2023 hatte Crowdstrike ein Börsenplus von 245 Prozent erzielt.

Schadensersatzansprüche werden geprüft

Die schwerwiegende IT-Panne ist für Crowdstrike noch lange nicht durchgestanden. Sie macht vielmehr deutlich, dass die weltweite IT-Infrastruktur sehr fragil ist, wenn sie von Lösungen einiger weniger, den Markt beherrschender Softwareanbieter abhängig ist. Dass im Fall der Crowdstrike-Panne keine Hacker im Spiel waren, mögen einige Börsenspekulanten als Vorteil sehen. Der Imageverlust jedenfalls ist für den US-Sicherheitsanbieter groß, ebenso wie der eingetretene Schaden an der Börse. Hinzu kommen nun möglicherweise Schadensersatzklagen gegen Crowdstrike. Die Unsicherheiten werden also noch viele Wochen oder gar Monate anhalten. Ob die aktuelle Lage Crowdstrike mittel- bis langfristig nicht schaden wird, kann man seriös nicht einschätzen. Zumal Prüfungen auf Schadensersatzklagen und, sollten sie aus Sicht der Klägeranwälte angezeigt sein, ihre gerichtliche Durchsetzung sehr lange dauern würden.

9.000 PCs des Universitätsklinikum Schleswig-Holstein waren von der Crowdstrike-Panne betroffen, 137 Operationen mussten abgesagt werden. Der Vorstandsvorsitzende der Klinik, Jens Scholz, kündigte gegenüber dem NDR an, Schadensersatzansprüche gegenüber Crowdstrike prüfen zu wollen. Er dürfte nicht der einzige sein.