CEO Arrow ECS Deutschland: "Wir sind organisch stark gewachsen"

Optimist und Entrepreneur, so bezeichnet sich Mathias von Bescherer selbst und untermauert diese Haltung im CRN-Gespräch auf dem 20. Sommerforum des VAD Arrow ECS in München. Über ein neues Ausstellungskonzept, Hersteller-Premieren, Nachhaltigkeit, Loyalitäten und die VMware-Delle, die Arrow nicht sonderlich tangiert.

Arrow ECS-Chef Deutschland, Mathias von Bescherer, eröffnet das 20. Sommerforum des VADs.

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Arrow ECS-Chef Deutschland, Mathias von Bescherer, eröffnet das 20. Sommerforum des VADs.

Loyalität war eines der vielen Themen, über die Mathias von Bescherer mit CRN im Pressegespräch im Vorfeld des traditionellen Sommerforums des VAD Arrow ECS spricht. Zum dritten Mal fand es am Donnerstag in München auf dem Gelände der Galopprennbahn Riem statt, zum 20. Mal insgesamt, wenn man die Events des zugekauften deutschen Security-Distributors Computerlinks dazuzählt. Der Deal ist nun schon 10 Jahre her, seitdem hat der Arrow-Konzern wenig bis gar keine M&A-Schlagzeilen geliefert – anders als etwa die Wettbewerber Infinigate oder Exclusive Networks, wo gerade Investoren Pläne für einen Börsenexit schmieden. Zahlen zum deutschen Markt kann der Managing Director Deutschland nicht nennen. Nur so viel auf die Frage, warum der Arrow-Konzern in der IT-Distribution nicht als Konsolidierer auftritt: "Wir sind organisch stark gewachsen".

Das ist freilich relativ zu sehen, wenn man auf die aktuellen Zahlen blickt. Der Arrow-Konzern ist in zwei ungleich große Geschäftsbereiche aufgeteilt: Compontents, also die Elektroniksparte, setzte 2023 25,4 Mrd. US-Dollar um (knapp minus 11 Prozent), die IT-Sparte ECS kam auf 7,69 Mrd. Dollar (minus 8,3 Prozent). Bei beiden Sparten läuft es in EMEA recht ordentlich: Arrow ECS in EMEA legte 2023 um einen Prozentpunkt auf rund 3,53 Mrd. Dollar zu. Einen signifikanten Anteil dürfte das von Mathias von Bescherer geleitete Deutschland-Geschäft des VADs beitragen.

Zur Einordnung: Die großen VAD-Wettbewerber aus der Schweiz und Frankreich, Infinigate und Exclusive Networks, kaufen auch jüngst zu oder wildern beim Wettbewerb. Sie wachsen im Security-Umfeld knapp zweistellig. Broadliner Also musste 2023 ein Minus von über 11 Prozent auf 11,12 Mrd. Euro hinnehmen, TD Synnex hat im 2. Quartal 2024 (März bis Mai) nahezu unveränderte Erlöse von 13,9 Mrd. US-Dollar geschrieben. Soweit die Metaebene der Zahlenwerke.

Rekordteilnahme: Neue Hersteller, neue Partner, neues Eventkonzept

Loyalität – über die konnte sich von Bescherer einmal mehr freuen: Rund 1.000 Anmeldungen zum Sommerforum 2024 bedeuten eine Rekordbeteiligung. Was der Deutschland-Chef hervorhebt, sind zwei Besonderheiten: Die kürzlich gezeichneten neuen Hersteller waren als Aussteller und mit Experten-Vorträgen vertreten, so Hoster Equinix und der aktuell schnell wachsende Netzwerkhersteller Arista Networks. Im Vorfeld des Forums blickte Arrows ECS tiefer in seine Kundendaten und fahndete nach solchen Partnern, die als "born in the Cloud" zwar nicht groß sind, dafür aber die zukunftsträchtigen Geschäftsfelder Cloud und KI fokussieren. "Wir sind beim Einladungsmanagement dieses Jahr selektiv vorgegangen und haben eine Interessante Mischung aus Herstellern und Partnern ausgewählt".

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Auf der Alm da gibt's koa Sünd, sondern AI und OT, denn diese Alm wird von VAD Arrow und Herstellerpartnern bespielt.

Know-how-Vermittlung findet an den Ständen statt, auf der Vortragsbühne und in einigen Themeninseln, wobei letzteres bei dieser Örtlichkeit in der bayerischen Landeshauptstadt in der Alm heißt. Genauer: in der AI- und OT-Alm. Beides gehört ja auch technologisch zusammen. "Wir wollen Partnern das Geschäftspotential am Beispiel herstellerunabhängiger Praxisbeispiele aufzeigen", sagt von Bescherer.

Technische Experten des VAD stellen Schadensfallabwicklung für Autoversicherer vor, eine Legostadt mit Windrad steht für Smart City, der Schritt aus der IT-Sicherheit hin zur Absicherung von Fertigungssystemen (OT), die separat von der IT betrieben werden, könnte für Systemhäusern und MSPs neues Potenzial bedeuten. Fortinet, Check Point und andere traditionell eng mit dem IT-Channel verbundene Hersteller sehen das genauso und haben für OT-Security entsprechende Lösungen. Die Schlange vor dem von Symantec gesponserten Eiswagen war indes viel länger als die vor der AI- und OT-Alm. Bei 30 Grad denkt der Reseller eben erstmal an Abkühlung, statt die Stirn in Falten zu legen und sich mit noch heißeren Märkten zu beschäftigen.

Beim Warten schauen die meisten natürlich auf ihr Smartphone, hoffentlich schauen sie sich in der Event-App die nächsten Programmpunkte an oder noch besser: vereinbaren mit anderen Gästen gleich vor Ort einen Termin. Erstmals hat Arrow nämlich die Möglichkeit geschaffen, dass sich alle Teilnehmer untereinander digital vernetzen können. Auch sämtlichr Infos sind in der klar gestalteten App enthalten. Eine überaus praktische und nachhaltige Sache (kein Papier mehr), dringend zur Nachahmung empfohlen.

Nachhaltigkeit im Fokus

Außerdem fällt auf: Es gibt keine bedruckten Rollups mehr, die ja bekanntlich oft im Müll landen nach wenigen Messeeinsätzen oder wenn sich Claims oder Produkte ändern. Wegwerfmentalität ade auch beim Geschirr. Umweltschutz also, wo es geht, aber keine Verbotskultur beim Essen. Wobei sich die Fraktion der Vegetarier im Eventteam von Arrow schon sehr, wenn auch nicht ganz durchsetzen konnte. Man ist und isst ja auch in Bayern, der letzten Trutzburg, wo auf den Zinnen die oberste Spitze der Staatsregierung steht und bei jeder passenden wie unpassenden Gelegenheit dem Volk laut entgegenschreit, dass man sich modernes Zeug wie Fleischsurrogate hier im Freistaat doch nicht aufzwingen lassen werde, womöglich noch von woken Ideologen.

Was auf den Teller kommt, dürfen Bürger entscheiden. Wie viel CO2 ein Unternehmen direkt und indirekt ausstößt, soll zumindest ab kommendem Jahr verpflichtend erfasst werden. Der ökologische Fußabdruck ist gar nicht so leicht zu erfassen. Dafür braucht es Tools wie GreenOps von Arrows. Partner finden das Dashboard im Cloudmarktplatz Arrowshere. "Das ist einmalig in der ganzen Welt", sagt von Bescherer und ist stolz auf diesen USP seiner deutschen Landesgesellschaft im globalen Arrow-Konzern.

"Wir haben heute mehr VMware-Partner als vor der Übernahme durch Broadcom"

Tradition ist in Bayern alles, zählt aber auch im Channel, wo vor allem noch Loyalität dazukommt. Mathias von Bescherer outet sich als klarer Bekenner dazu, wenn es um seine Hersteller im Portfolio geht. Auf die Turbulenzen von VMware angesprochen, sagt er: "Ich bin ein Freund von Loyalität". Zu VMware/Broadcom habe Arrow "eine extrem langjährige und erfolgreiche Partnerschaft". Weglächeln kann und will von Bescherer den von Eigner Broadcom initiierten rigorosen Umbau des VMware-Channels freilich nicht, der so viel Ärger und teils Verbitterung bei Partnern ausgelöst hat.

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Mehr als 80 Hersteller im Portfolio bei Arrow Deutschland: Diese Breite habe geholfen, über die Delle im VMware-Geschäft hinwegzukommen, sagt Mathias von Bescherer. Er zieht ein positives Fazit für Arrow, einschließlich des VMware-Geschäfts nach den Turbulenzen.

Arrow hat die Partner auf die neue Richtung von VMware aufgegleist. Es gab "große Verunsicherung", so dass man "sehr, sehr viel Aufbauarbeit" habe leisten müssen, so der Arrow ECS-Chef in Deutschland. Das hat TD Synnex, zweiter großer Distributor von VMware, auch leisten müssen. Arrows Beziehungen zu Broadcom und daher auch zu VMware sind aber noch ein gutes Stück enger als die des Wettbewerbs.

CA, Symantec und nun VMware: Der Umbau dieser von Broadcom geschluckten Hersteller folgt einem Muster: Enterprise-Kunden selbst vereinnahmen, Portfolio reduzieren (was bei VMware wohl tatsächlich überfällig war), den restlichen Channel durch die Distribution betreuen lassen - teils exklusiv an Arrow, wie bei Symantec und teils bei VMware-Lösungen wie Cloud Health und künftig noch weitere.

Bei den exklusiven Services, die Arrow für VMware übernimmt, ist der VAD auch der verlängerte Marketing- und Vertriebsarm hin zu den Endanwenderkunden. Es ist das identische Modell wie bei Symantec. Von Bescherer stellt aber klar, dass sich dieses Modell auf die Nachfragegenerierung und Presales beschränke. Kommt es zum Projekt, würde man Partner ins Boot holen. Es erfolgt keine Rechnungsstellung von Arrow an Endanwenderkunden, alles läuft über Partner. Welche denn zum Zug kommen, will CRN wissen. "Die meisten Endanwenderkunden haben einen IT-Dienstleister und schlagen den auch vor. Es kommt eigentlich nicht vor, dass wir zwischen Partnern auswählen müssen", sagt der Arrow ECS-Chef.

Vermessen will CRN auch die VMware-Delle in der Bilanz des VADs. Von Bescherer rückt damit erst raus, nachdem CRN nachdrücklich auf den mehrere Wochen dauernden Stillstand der Geschäfte wegen Partnerkündigungen und Umbau des Portfolios verweist. Das müsste doch erhebliche Spuren in der Umsatzkurve hinterlassen haben. Warum in die dunkle Vergangenheit blicken, wo die VMware-Zukunft doch viel heller leuchtet, denkt von Beschwerer in diesem Moment und sagt: "Wir haben die Delle sehr gut aufgefangen wegen unserer Breite des Portfolios mit über 80 Herstellern in Deutschland". Und er schiebt nach: " Wir haben heute mehr VMware-Partner als vor der Übernahme durch Broadcom". Gut möglich, denn Dell hat einen Spezialvertrag als VMware-Distributor wegen der Übernahme durch Broadcom gekündigt.

Das TD Synnex-Management in DACH bestätigte kürzlich ähnliches, wenn auch kein Plus bei der VMware-Partnerbasis. Aber man habe weniger als 5 Prozent der Partner verloren, die nach den Turbulenzen keinen Status bei VMware mehr zeichnen wollen. Sie schwenken wohl um auf alternative Hersteller, die ja fleißig die Werbetrommel für sich im Channel schlagen.

Müsste ein Value Addend Distributor, der Partner im Sinne bester Lösungen für deren Endkunden berät, sie nicht ein Stück weit mit herstellerübergreifender Expertise unterstützen? So weit geht die Liebe nicht, bei Arrow ECS nicht, wie wohl auch bei anderen Distributoren nicht. "Das wollen wir nicht aktiv betreiben", sagt von Bescherer. Für ihn zählt eben Loyalität.