Infinigate-Manager Bechtold zum Ausstieg: "Distributoren können sich einen Anruf sparen"

André Stark übernimmt als GF Infinigate Deutschland, Andreas Bechtold geht nach 25 Jahren bei Infinigate und 33 Jahren in der IT. Der 52-Jährige will ein neues Kapitel in seinem Berufsleben aufschlagen. Bechtold verlässt einen Distributor, der 2017/18 eine Zäsur einläutete und die Expansion beschleunigte. Mit Folgen auch für Bechtolds Führungsaufgaben.

Zum Jahresende ist Schluss mit IT und erst recht Distribution: Andreas Bechtold verlässt Infinigate.

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Zum Jahresende ist Schluss mit IT und erst recht Distribution: Andreas Bechtold verlässt Infinigate.

Veränderungen im Management-Team von Infinigate Deutschland: Offiziell zum Jahresende verlässt Andreas Bechtold, zuletzt für DACH und Osteuropa zuständig, den Distributor, für den er 24 Jahre in leitenden Positionen gearbeitet hat. Dem Management-Team in Deutschland werden der kürzlich zu Infinigate gewechselte André Stark (Geschäftsführer) angehören, ferner die langjährigen Infinigate-Manager Robert Scicolone, Anja Marohn und Jan Erbguth. Bechtold wird seine Aufgaben bis zum Jahresende übergeben und, falls nötig und er gefragt werde, auch noch etwas länger, wie er im Telefonat mit CRN sagt.

Im Gespräch stellte der 52-jährige Bechtold klar, dass er seine Entscheidung, Infinigate zu verlassen, im Dezember letzten Jahres getroffen habe. "Ich habe Infinigate sehr viel zu verdanken, möchte die Gelegenheit nutzen, eine andere Branche kennenzulernen". Man hätte aus einem Zitat in der Pressemitteilung mutmaßen können, dass er möglicherweise auf Drängen des Konzerns Infinigate verlassen sollte. Dort wird der Manager zitiert: "Es war keine leichte Entscheidung, aber nach 33 Jahren in der IT-Branche ist es Zeit für eine Veränderung. Ich bin bereit für ein neues Abenteuer […]". Infinigate habe nicht gedrängt, und Bechtolds Entscheidung ist auch keiner Midlife-Krise anzulasten, die man Männern um die 50 nachsagt. "Definitiv nicht", lacht er. Für die berufliche Zäsur sei jetzt "der richtige Zeitpunkt".

Und die ist umfassend. Bechtold will keinesfalls bei einem anderen Distributor einsteigen, will auch nicht in der IT-Branche bleiben. "Distributoren können sich einen Anruf sparen", sagt er CRN gegenüber. Einen Masterplan für den Neuanfang ab kommendem Jahr habe er nicht. Bechtold ist bodenständig, wohnt mit seiner Frau und den beiden Söhnen (18 und 21) im Süden Münchens, die Familie ist ein starker Anker für den aufreibenden Job einer bisweilen 60 oder 70 Stunden-Woche. Verständlich, dass Bechtold kürzer treten will. Zunächst vielleicht nachholt, was er die letzten 30 Jahre verpasste? "Ich habe noch nicht viel von der Welt gesehen", sagt der Bayer.

Bechtold hat unter Infinigate-Gründer David Martinez das Deutschland-Geschäft auf- und ausgebaut. "Er hat mir viele Freiheiten gelassen. Ich konnte operativ wie ein Unternehmer agieren, ohne ein Unternehmen gründen zu müssen". Distributionserfahrung brachte er von Tech Data zu Infinigate mit, davor war Bechtold bei Bürozentrum Schulz in München 8 Jahre lang beschäftigt, wo er seine Ausbildung absolviert und sich berufsbegleitend weitergebildet hatte.

Zäsur für Infinigate und Andreas Bechtold

2017/2018 dann die Zäsur: Infinigate-Gründer Martinez verkaufte seine Anteile, Investoren stellten Kapital für eine noch schnellere Expansion des Security- und Netzwerk-Distributors zur Verfügung, Klaus Schlichtherle übernahm als CEO und baute weiter aus. Auf den Veränderungsdruck seitens des Marktes reagierte der neue CEO, kaufte Cloud-Distributor Acmeo und erschloss mit der Übernahme von Starlink aus Dubai den Nahen Osten. Eine Matrix-Organisation wurde installiert, Bechtold übergab Deutschland und nahm zentrale Rollen in der Holding wahr als CRO, dann Europa, schließlich DACH und Osteuropa. Die Organisationen müssen zusammenwachsen, das setzt straffe Prozesse voraus, zumindest deutlich straffere als sie Country Manager Bechtold in der Ära Martinez vorfand.

Klaus Schlichtherle und Andreas Bechthold, "das habe sofort gematcht", sagt der scheidende Top-Manager. Beide haben gemeinsame Wurzeln bei Tech Data (heute TD Synnex). Der CEO weiß, was Infinigate Bechtold zu verdanken hat und was der Konzern verliert. "Wir sind Andreas sehr dankbar für sein langjähriges Engagement für Infinigate und den großen Beitrag, den er zum Wachstum des Unternehmens geleistet hat. Unter seiner Führung und Verantwortung hat sich ein sehr motiviertes und effektives Team entwickelt. Wir werden ihn vermissen und wünschen ihm im Namen des Unternehmens alles Gute für seinen neuen Lebensabschnitt", sagt der Infinigate-CEO.

André Stark: Branchenfremder Blick auf die Distribution

Am EMEA Cybersecurity Powerhouse, wie sich der Distributor sieht, wird hierzulande ein Manager bauen, der neu in der Distributionsbranche ist. André Stark verfügt über 30 Jahre Erfahrung im Telco-, Digital-, IT- und BPO-Bereich und sei "eine anerkannte Führungspersönlichkeit in Deutschland und Europa", teilt Infinigate mit. Der Lebenslauf von Stark und Bechtold nebeneinandergelegt, könnte nicht unterschiedlicher sein.

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Andrè Stark: Viel Management-Erfahrung, kein Distributionshintergrund, was nicht schaden muss in Zeiten, wo sich die Distribution neu erfinden muss.

Stark, 57, Diplomkaufmann Uni Münster, zuletzt viele Mandate für Interims-Management, Stationen bei großen Playern wie T-Mobile, BMW und 5 Jahre Managing Director Deutschland bei Autoscout24 und Outsourcing-Berater Capita Experience.

Stark verfüge "über große Führungs- und Managementerfahrung, die sowohl den Unternehmens- als auch den KMU-Markt abdecken. Seit 2009 arbeitet er in agilen Umgebungen und hat transformative Veränderungen vorangetrieben und Wachstum erzielt. Mit seinem Know-how soll dazu beitragen, dass Infinigate die nächste Phase des Wachstums und der Marktführerschaft vollzieht", stellt die Pressemitteilung von Infinigate den neuen Deutschland-Chef vor.

Die Eigenheiten der Distribution, die Risiken wegen schwankender Herstellerstrategien, der Transformationsdruck des Distributionsgeschäftsmodells Richtung Cloud, SaaS, Hyperscaling und neuerdings KI, all das wird Stark mit seinem erfahrenen Management-Team und den Holding-Verantwortlichen diskutieren. Ein branchenfremder Manager kann mit seinem Blick auf die IT-Distribution ebenso erfrischende neue Impulse setzen, wie sie Andreas Bechtold in einem neuen Aufgabengebiet erfahren wird. Beispielsweise im sozialen Bereich, in dem er sich mit einem Teil seiner Zeit engagieren werde, wie Distributions- und IT-Aussteiger Bechtold im CRN-Gespräch verrät.