Schönheits-OP für eine Hundertjährige

Die Berliner Consumer Electronics-Messe IFA bekommt zum hundertsten Geburtstag ein neues Logo. Statt für "Internationale Funkausstellung" steht die Abkürzung nun für "Innovation For All". Das neue Make-up greift die Farben des früheren TV-Testbilds auf – und das in allem Ernst.

Neues IFA-Logo, neuer Claim. Funkausstellung war gestern

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Neues IFA-Logo, neuer Claim. Funkausstellung war gestern

Auch in diesem Jahr wird die Technologie- und Consumer-Electronics-Messe IFA wieder im Spätsommer (6.-10. September 2024) in den bekannten Messehallen unter dem Berliner Funkturm stattfinden. Soweit alles wie gehabt. Doch diesmal feiert die Messe nicht nur ihren 100. Geburtstag, sondern sie wird optisch aufgefrischt, bekommt sozusagen eine Schönheits-OP verpasst. Beschlossen hat das die IFA Management GmbH in enger Zusammenarbeit mit ihren Gesellschaftern - der gfu Consumer & Home Electronics GmbH, Inhaberin der IFA-Markenrechte, und dem in London ansässigen Event-Veranstalter Clarion Ltd..

Als Schönheitschirurgen zur Aufhübschung der Hundertjährigen hatten sie das Lifestyle-Label Highsnobiety beauftragt. Hinter dem steckt die in Berlin ansässige Titel Media GmbH , eine Agentur für Werbung, Markenberatung und Modehandel, die 130 Menschen beschäftigt und mehrheitlich zu dem ebenfalls in Berlin ansässigen Berliner Online-Modehändler Zalando gehört.

IFA: Jetzt ist Sendeschluss

Ob diese Mode-Menschen wohl behut- und einfühlsam mit der hundertjährigen Lady IFA umgegangen sind, fragen Sie sich? Jein! Der IFA-Schriftzug wurde kräftig modernisiert und erinnert jetzt fast an die fetten Lettern von Deutschlands größter Boulevard-Zeitung, die täglich in Berlin zusammenfabuliert wird.

Statt des hellroten, vor 70 Jahren entworfenen Funk-Otto-Logos schreit Betrachter die neue Farbgebung regelrecht an, denn sie hat ein Farbschema, das sich an das frühere Farbfernseh-Testbild anlehnt, nur halt zeitgemäß in Neon.

Das TV-Testbild wurde bis in die 1990er Jahre nach Sendeschluss ausgestrahlt – die heute übliche 24-stündige TV-Berieselung gab es damals noch nicht. Und damit wären wir bei einer weiteren Anekdote aus der traditionsreichen IFA-Historie: Auf der IFA im Jahre 1967 drückte der damalige Vize-Bundeskanzler Willy Brandt auf den symbolischen roten Knopf und startete damit hierzulande das Farbfernsehen.

Doch wurde bei der Auswahl des neuen, grellen Make-ups nicht übersehen, das die IFA heute ja gar keine reine "Funkausstellung" mehr ist, sondern auch Waschmaschinen, Kühlschränke und andere nur selten grellbunte, sondern "weiße Ware" ausstellt? Nein, sagen die Markenmacher: "Final zielt die Gestaltung nicht nur auf Consumer Electronics ab, sondern auch gleichwertig auf Hausgeräte, die bereits seit über 15 Jahren elementarer Bestandteil der IFA sind." Aha!

Ein weiterer Teil der traditionsreichen Herkunft der IFA ist der Name „Internationale Funkausstellung". Hiervon leiten sich die drei Buchstaben IFA ab. "Funkausstellung" darf die alte Dame im TikTok- und Youtube-Zeitalter aber nicht mehr heißen, weshalb IFA künftig für "Innovation für Alle" steht, was auch wunderbar anglisiert einsetzbar ist: "Innovation For All".

Oma auf Koks

Warum man der IFA zum hundertsten Geburtstag ein Outfit verpassen musste, das mindestens den Eindruck eines Mode-Experiments, wenn nicht gar den eines Drogen-Experiments erweckt, vermag Leif Lindner, CEO der IFA Management GmbH, genau zu erklären: "Wir alle befinden uns zurzeit in einer dynamischen Phase, gesellschaftlich, politisch und wirtschaftlich. Gleichzeitig beschleunigt sich auf technischer Ebene Innovation durch die konstante Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz. Die Stimmungen sind aktuell vielfältiger und komplexer als zum Beispiel noch im letzten Jahrzehnt. Wir wollen mit unserer gesamten Markengestaltung dafür sorgen, dass Aussteller:innen und Konsument:innen wieder Technologie und Innovation feiern können! Wir befinden uns im Wandel. So wie das Radio, der Farbfernseher und das Internet die Welt nachhaltig verändert hat, so wird KI, VR und Quantum Computing uns erneut in ein neues Zeitalter bringen."

Diese Begründung erscheint dann doch etwas weit hergeholt. Natürlich hätte der IFA-Chef nicht sagen können: "Wir haben der Alten Koks verabreicht und sie dann in ein pinkes Mäntelchen gesteckt, damit sie etwas dynamischer als eine Hundertjährige rüberkommt." So, oder so: Wir gratulieren und freuen uns im September auf Oma, die diesmal in Outfit daherkommt, das aus der Mottenkiste von Jean Paul Gaultier stammen könnte.