EU ermittelt wieder gegen Apple, Google und Co. und droht mit Milliardenstrafen
Die Europäische Kommission hat Untersuchungen wegen Verstößen gegen das neue EU-Kartellgesetz DMA eingeleitet. Die Tech-Konzerne müssen Compliance liefern oder zahlen.
Für die Tech-Konzerne geht es um richtig viel Geld und letztlich auch um Marktmacht in Europa. Denn bei einem Schuldspruch kann die EU-Kommission gegen jedes Unternehmen eine Geldstrafe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen. Und dabei handelt es sich keineswegs um Peanuts. Der Google-Mutterkonzern Alphabet etwa erwirtschaftete 2023 einen Umsatz von 307 Mrd. Dollar, was bedeutet, dass die EU dem Konzern eine Geldstrafe von rund 30 Mrd. Dollar auferlegen könnte.
Konkret geht es bei den am Montag vorgestellten neuen Ermittlungen hierum: Alphabets Regeln zur Lenkung in Google Play Store und zur Selbstreferenzierung bei der Google-Suche; Apples Regeln zur Lenkung im Apple Store und zur Auswahl von Browsern und Änderung von Standardeinstellungen, und bei Meta um das Modell "Zustimmen oder Zahlen".
"Wir sind nicht davon überzeugt, dass die Lösungen von Alphabet, Apple und Meta ihren Verpflichtungen zu einem faireren und offeneren digitalen Raum für europäische Bürger und Unternehmen nachkommen", sagte EU-Kommissar Thierry Breton am Montag in einer Erklärung.
"Sollte unsere Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, dass das DMA (Digital Markets Act) nicht vollständig eingehalten wird, könnten den Gatekeepern hohe Geldstrafen drohen."
DMA soll fairen Wettbewerb fördern
Am 7. März trat der neue kartellrechtliche Digital Markets Act in Kraft, ein Gesetz, das speziell auf sechs Tech-Giganten abzielt, die als "Gatekeeper" (Torwächter) bezeichnet werden: Amazon, Apple, ByteDance, Google, Meta und Microsoft.
Ziel des DMA ist es, wettbewerbsfähige und faire Märkte im Technologiesektor zu gewährleisten. Sie will große IT-Unternehmen besser regulieren, die aufgrund ihrer Position die Macht haben, Engpässe in der digitalen Wirtschaft zu schaffen.
"Wir haben den Verdacht, dass die von den drei Unternehmen bisher vorgeschlagenen Lösungen nicht vollständig mit dem DMA übereinstimmen", berichtete die EU- Wettbewerbs-Kommissarin Margrethe Vestager.
Ermittlungen an mehreren Fronten
Bei der Untersuchung gegen Alphabet will die Kommission eine Untersuchung gegen Google eingeleitet, um festzustellen, ob Alphabet die DMA einhält. Diese will sicherstellen will, dass Dienste von Drittanbietern, die auf der Google-Suchergebnisseite erscheinen, im Vergleich zu Alphabets eigenen Diensten fair behandelt werden, also nicht das Nachsehen haben.
Bei Apple konzentriert sich die Untersuchung auch auf die Frage, ob Apple den Verbrauchern ermöglicht, Softwareanwendungen unter iOS einfach zu deinstallieren, Standardeinstellungen effektiv zu ändern und sie per Auswahlbildschirmen alternative Standarddienste wie Browser oder eine Suchmaschine auf ihren iPhones problemlos auswählen können.
Darüber hinaus untersuchen die EU-Wettbewerbsregulierungsbehörden die neue Gebührenstruktur von Apple für den Vertrieb von Apps außerhalb des App Stores sowie die Frage, ob Amazon die eigenen Produkte in seinem Store bevorzugt.
Die gegen Meta eingeleiteten Ermittlungen sollen feststellen, ob das neu eingeführte "Pay-or-Consent"-Modell für Nutzer in der EU mit dem Datenschutzgesetz vereinbar ist. Demnach müsste Meta die Zustimmung der Nutzer einholen, wenn es personenbezogene Daten über verschiedene zentrale Plattformdienste hinweg kombinieren oder nutzen will.
Die Kommission erklärte, sie sei besorgt, dass "die Wahl zwischen Zahlen oder Zustimmen" möglicherweise keine echte Alternative für den Fall bietet, dass die Nutzer nicht zustimmen. Das würde dem Ziel des DMA entgegenstehen, die Anhäufung personenbezogener Daten bei den Gatekeepern zu verhindern.
Mangelnde Compliance kostet
Wie die EU-Kommission gestern erklärte, sollen alle angekündigten Untersuchungen innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein. Danach werde man jedem Gatekeeper mitteilen, was er tun muss, um die Bedenken auszuräumen – und welche Maßnahmen die Regulierungsbehörden ergreifen werden, falls die Konzerne den Aufforderungen nicht nachkommen.
Bei Nichteinhaltung des DMA kann die Kommission gegen jedes Unternehmen eine Geldstrafe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes verhängen. Bei wiederholten Verstößen kann die Kommission die Geldstrafe sogar auf bis zu 20 Prozent des letzten Umsatzes verhängen.
"Wir werden nun prüfen, ob die Unternehmen die DMA einhalten, um offene und wettbewerbsfähige digitale Märkte in Europa zu gewährleisten", so Vestager.