Bechtle geht auch für 2024 von Wachstum bei Umsatz und Ertrag aus

Mit Rückenwind sollte man im ersten Halbjahr nicht rechnen, sagt Bechtle-Chef Thomas Olemotz. Gleichwohl führt er einige Argumente ins Feld, warum Bechtle auch in diesem Jahr voraussichtlich wird zweistellig wachsen können. Auf eine "Lieblingskennzahl" ist er besonders stolz, die sich gegenüber dem Vorjahr vervierfacht hat.

Bechtle-Chef Thomas Olemotz freut sich vor allem über fast 460 Mio. Euro Cash in Bechtles Kasse - "meine "Lieblingskennzahl".

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Bechtle-Chef Thomas Olemotz freut sich vor allem über fast 460 Mio. Euro Cash in Bechtles Kasse - "meine "Lieblingskennzahl".

"Kennen Sie Doomscrolling?", leitet Bechtle-CEO Thomas Olemotz am Freitagmorgen die Bilanzpressekonferenz ein. Dem Doomscrolling-Effekt zu unterliegen "ist in der heutigen Zeit besonders groß", schlüpft er in die Rolle eines Psychologen, um sogleich wieder als Bechtle-CEO und Kenner des IT-Markts fortzufahren und klarzustellen, dass Bechtle zu diesem Dauerkonsum schlechter Nachrichten nichts beizutragen habe. Auf sein Unternehmen, aber auch auf die gesamte IT-Branche bezogen, gäbe es viele positive Entwicklungen. Klar, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und erst recht die globalpolitische Lage verunsichern auch Unternehmen in ihren Investitionsentscheidung. Das war schon letztes Jahr so und gilt nach wie vor. "Projekte werden zwar aufgeschoben, aber nicht gestrichen", so Olemotz mit Blick auf die ersten Wochen des neuen Geschäftsjahres 2024.

Mit "Krisenjahr 2023" ist Bechtle zufrieden

Durch das - und dann intoniert Olemotz doch ein wenig Doomscrolling - "Krisenjahr 2023" sei Bechtle "gut durchgekommen". Umsatz plus 6,5 Prozent auf 6,423 Mrd. Euro, Ebit plus 7,6 Prozent auf 382,3 Mio. Euro. Selbst das schwache Handelsgeschäft im B2B-E-Commerce mit einem Umsatzminus von 5,1 Prozent auf 2,13 Mrd. Euro (Ebit minus 4,5 Prozent auf 122,6 Mio. Euro) sei zwar "enttäuschend", habe aber schlussendlich "gepasst", so Olemotz. Die zweite Geschäftssparte, Systemhaus und MSP, hat es dieses Mal herausgerissen: Umsatz plus 13,5 Prozent auf 4,29 Mrd. Euro, plus 14,4 Prozent beim Ebit auf 259,7 Mio. Euro.

Und weiter mit positiven Zahlen gegen das Doomscrolling: An der Börse hat sich Bechtle mit einem Anstieg des Aktienkurses 2023 von plus 37 Prozent als "Outperformer" erwiesen, so der CEO. Und dann seine "Lieblingskennzahl": Cash-flow knapp vervierfacht, auf den Rekordwert von 459 Mio. Euro. Die Kasse für Akquisitionen ist also prall gefüllt. Dank straffem Forderungsmanagement und dem Ende der Überbevorratung aufgrund der Lieferprobleme von Herstellern im letzten Jahr.

Aktionäre werden eine höhere Dividende für 2023 erhalten, die 14. Steigerung in Serie. Und sie hören von Olemotz, dass Bechtle, allen Unsicherheiten zum Trotz, auch 2024 bei Umsatz und Gewinn in einem Korridor von 5 bis 10 Prozent zulegen will, so die Konzernprognose.

Belebung im zweiten Halbjahr möglich - Treiber des Geschäfts

Die Lage am Markt bleibt aber schwierig. Im ersten Halbjahr sei mit keinem "Rückenwind" zu rechnen, aber aller Voraussicht nach könnte sich das Geschäft in der zweiten Jahreshälfte beleben. Digitalisierungsprojekte, Security, Edge Computing, Software treiben das Geschäft. Vor allem der Public Sektor investiere, "und hier vor allem der Bund", so Olemotz. KI dürfte für zusätzliche Impulse sorgen. In dieses Geschäftsfeld ist Bechtle mit der Akquisition von Planet AI und weitere strategischen Maßnahmen eingestiegen.

"Die Kunden zeigen große Offenheit", so der Bechtle-Chef. Es sei aber nicht so, "dass wir bei einem Kunden-Event KI-Lösungen und die Vorteile präsentieren und am nächsten Tag die Auftragsbestätigung entgehen nehmen". Sechs bis zwölf Monate könne der Zyklus dauern, bis Kunden beispielsweise Microsoft Copilot-Lizenzen erwerben und Mitarbeiter produktiver mit dem Tool arbeiten können. Bechtle hat 5.000 Lizenzen für die Eigennutzung gekauft, "das ist selbst für Microsoft ein großer Deal", so Olemotz. Use-Cases müssen her, um Kunden handfeste Vorteile aufzuzeigen. Das beste Training für den Vertrieb ist: Copilot selbst einzusetzen.

Für die im zweiten Halbjahr auf den Markt kommenden KI-PCs ist Bechtle jedenfalls gut gerüstet. Mit Herstellerpartner HP, aber auch anderen PC-Herstellern stimmt sich Bechtle bei der Vermarktung dieser neuen Geräteklasse eng ab. Die Windows 10-Ablösung könnte einen zusätzlichen Schub im Client-Geschäft auslösen. Das Geschäft rund um die IT-Arbeitsplatzausstattung leidet auch bei Bechtle an der Investitionszurückhaltung, weil vor allem Kunden aus dem Mittelstand auf der Bremse stehen.

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Bechtle geht auch für 2024 von Wachstum bei Umsatz und Ertrag aus

Mit Rückenwind sollte man im ersten Halbjahr nicht rechnen, sagt Bechtle-Chef Thomas Olemotz. Gleichwohl führt er einige Argumente ins Feld, warum Bechtle auch in diesem Jahr voraussichtlich wird zweistellig wachsen können. Auf eine "Lieblingskennzahl" ist er besonders stolz, die sich gegenüber dem Vorjahr vervierfacht hat.

Expansion: Süd-Europa im Fokus, globale Präsenz nicht per se ausgeschlossen

Bechtle ist in 14 Ländern Europas aktiv, nicht nur mit E-Commerce für B2B-Kunden, sondern auch das internationale Systemhausgeschäft außerhalb des deutschsprachigen Raums bauen die Neckarsulmer aus - unter der Leitung des Vorstands Konstantin Ebert. In Spanien, Portugal (kürzlich einen Apple-Reseller übernommen) und Italien liegt der Fokus. Auch den osteuropäischen Markt sondiert Bechtle.

Die beiden Säulen, Systemhaus/Managed Services und E-Commerce, tragen das Geschäft. Läuft es mal im Dienstleistungsgeschäft nicht gut, gleicht die Handelssparte die Schwäche aus und umgekehrt. Olemotz sieht keinen Grund, an dieser Strategie etwas zu ändern. Die nach Ansicht Olemotz' "provokante" Frage nach einer Aufspaltung beider Säulen, um sich etwa ganz auf den lukrativen IT-Dienstleistungsmarkt zu fokussieren, kratzt an der DNA des mit dem IT-Handel in 40 Jahren groß gewordenen Systemhausriesen. Es ist kein Thema für Bechtle.

Eher vorstellbar, dass Bechtle globalen Kunden ins außereuropäische Ausland folgt, weil sie alles aus einer IT-Dienstleisterhand wollen. Gut möglich, dass man diese Entscheidung "mittel- bis langfristig", so der Bechtle-Chef, in Erwägung ziehen wird. Ob der amtierende CEO sie dann noch entscheiden wird? "Sie wissen, dass mein Vertrag bis 31. Dezember 2026 läuft", so die knappe Replik von Olemotz, der dann 64 Jahre alt sein und Bechtle 17 Jahre geführt haben wird.