Neue Wachstumsstrategie bei Palo Alto Networks
CEO Nikesh Aroda will das Wachstum von Palo Alto kurzfristig drosseln - und später noch mehr verdienen. Das soll vor allem den Partnern zugutekommen. An der Börse kam diese Strategie gar nicht gut an.
Am Dienstag präsentierte Palo Alto seine jüngsten Quartalszahlen und eine Überraschung. Für rund ein Jahr wird der Security-Anbieter seine Wachstumsraten zügeln, um den Erfolg der umfassenden Sicherheitsplattform schneller voranzutreiben. Klingt zunächst ungewohnt.
Aber: Das geringere Wachstum werde sich langfristig auszahlen. Davon ist CEO Nikesh Arora fest überzeugt. Zustande kommen soll die Umsatzzügelung durch verstärkte Anreize für die Kunden, unter anderem durch kostenlose Produktnutzung. Was erst einmal nach einem Widerspruch klingt, ist tatsächlich strategisches Kalkül. Die Führungsriege bei Palo Alto Networks will, dass die Kunden mehr Tools von der Cybersecurity-Plattform annehmen und das schneller als bisher.
"Eines der schwierigsten Dinge ist es, eine Strategie zu ändern, die funktioniert", sagte Arora während der Telefonkonferenz zu den jüngsten Quartalsergebnissen. "Wir als Management-Team sind jedoch fest davon überzeugt, dass die Änderungen, die wir heute vornehmen, uns mittel- bis langfristig bessere Aussichten bieten und es uns ermöglichen, die Konsolidierung viel schneller voranzutreiben."
Aufgrund der neuen Investitions- und Wachstumsstrategie fallen die Prognosen von Palo Alto für kommende Umsätze und Erträge recht gemäßigt aus. Das Unternehmen geht davon aus, dass es 12 bis 18 Monate brauchen wird, bis sich die Wachstumsrate wieder erholt.
Bei den Investoren kam diese Vorhersage nicht gut an: Im nachbörslichen Handel am Dienstag fiel der Kurs von Palo Alto Networks um satte 20 Prozent auf 291,38 Dollar pro Aktie.
Für das zweite Quartal des Geschäftsjahres 2024, das am 31. Januar endete, meldete Palo Alto einen Umsatz von 1,97 Mrd. US-Dollar, also 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit der neuen Wachstumsstrategie will der Anbieter bis zum Geschäftsjahr 2030 einen jährlichen wiederkehrenden Umsatz von 15 Mrd. US-Dollar erreichen.
Lockangebote mit viel Hintersinn
Laut CEO Arora sei der Strategiewechsel eine Reaktion auf die Realitäten, mit denen Kunden konfrontiert sind, wenn sie versuchen, aus der Abhängigkeit von zahlreichen einzelnen Tools auf eine konsolidierte Plattform umzusteigen - was oft Auseinandersetzungen mit einer Vielzahl von Anbietern um die vertraglichen Enddaten beinhalte.
Um solche Probleme zu vermeiden, will Palo Alto den Kunden ermöglichen, Produkte für einen bestimmten Zeitraum kostenlos zu verwenden, "also bis die Verträge mit den anderen Sicherheitsanbietern auslaufen", berichtete Arora. "Das nimmt unseren Kunden einen großen Teil des wirtschaftlichen Risikos und des Betriebsrisikos ab", sagte er. "Man kann es einen Rabatt nennen oder ein kostenloses Angebot. Wir schätzen, dass die Kunden etwa sechs Monate lang kostenlos mit unseren Produkten arbeiten werden."
Das Top-Management ist davon überzeugt, dass Palo Alto nach Ablauf der kostenlosen Nutzung über eine wesentlich größere Kundenbasis verfügen werde. Es würden mehr Tools genutzt, die dann zu einem wesentlich größeren Gesamtumsatz führen werden. "Wir gehen davon aus, dass wir über die anfängliche Anlaufphase der Strategie hinaus ein höheres Wachstum erreichen können als bisher", erläuterte Finanzchef Dipak Golechha.
Mehr Möglichkeiten für Partner
Auf die Frage eines Analysten, wie sich die neue Strategie auf die Vergütung im Channel auswirken wird, sagte Arora, dass Partner von diesem Ansatz stark profitieren werden. Da die Strategie darauf abziele, den Gesamtumfang der Kundenverträge zu erhöhen, habe "der Channel einen großen Anreiz, uns bei der Plattformisierung zu helfen."
Darüber hinaus bedeute die Nutzung von mehr Tools auf der Palo Alto Networks-Plattform mehr Möglichkeiten, um Dienstleistungen zu verkaufen. "Diese Plattform-Angebote generieren viel mehr Service-Einnahmen als individuelle Best-of-Breed-Angebote", so der CEO.
Plattform-Ansatz
Unter Aroras Ägide übernahm Palo Alto Networks in den letzten sechs Jahren 16 Unternehmen. Diese Akquisitionen waren der Schlüssel für die Bemühungen des Anbieters, eine umfassende Cybersicherheitsplattform aufzubauen - und Palo Alto Networks von einem Anbieter einzelner Produkte für die Netzwerksicherheit in eine Plattform zu verwandeln, die die meisten der heute wichtigen Cybersecurity-Funktionen abdeckt.
Der Plattformansatz ist das Herzstück der Wachstumsstrategie von Palo Alto Networks, und er kommt sowohl bei Partnern als auch bei Kunden gut an, berichte Arora in einem Interview mit CRN im vergangenen Juli. Demnach verlagere sich der Fokus der Branche zunehmend auf den Aufbau "längerfristiger Cybersicherheitsarchitekturen, um diese integrierte Plattform zu schaffen, die ein besseres Ergebnis liefert", sagte er seinerzeit.
Neben Netzwerksicherheit umfasst die Plattform von Palo Alto Networks heute auch den Schutz von Clouds und Anwendungen, Secure Access Service Edge (SASE) und Zero Trust Security sowie KI-gestützte Bedrohungserkennung und Sicherheitsoperationen.