Datenkrake Temu: Geht es wirklich nur um Verkaufen zu Kampfpreisen?

Temu ist aktuell die meist heruntergeladene App und macht Amazon schwer Konkurrenz. Abgesehen davon, dass die Chinesen den deutschen Markt mit minderwertigen, teils gefälschten Marken und sogar gefährlichen Waren fluten, warnen Datenschützer: Die App sammelt so viele Daten - auch unbemerkt - wie keine andere Shopping-App.

"Shoppen wie ein Milliardär", so wirbt der chinesische Etailer (Bild: Temu).

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"Shoppen wie ein Milliardär", so wirbt der chinesische Etailer (Bild: Temu).

Temu wirbt mit dem Slogan: "Shoppen wie ein Milliardär" und das offenbar mit großem Zuspruch. Die App der Chinesen ist die aktuell am meisten heruntergeladene Applikation - noch vor Tiktok, ChatGTP oder Whatsapp. Jeder Vierte Bundesbürger habe im letzten halben Jahr bei Temu Produkte bestellt, Tendenz steigend, so Statista. 2022 hat die chinesischen PDD Holding (ehemals Pinduoduo Inc.), zu der Temu gehört, einen Umsatz von rund 17 Mrd. Euro geschrieben.

Besonderheit von Temu: Die Waren werden ohne Zwischenlager in Europa direkt von chinesischen Herstellern geordert und von Temu an Kunden ins Ausland verschickt. Die Nachteile nehmen die Kunden in Kauf, solange die Preise sensationell niedrig sind: Lange Lieferzeit, oft minderwertige Qualität und an der Grenze zu Plagiaten bekannter Marken, nahezu ohne Rücksendemöglichkeit, oft keine CE-Zeichen bei elektronischen Geräten sowie das Risiko, Zoll bezahlen zu müssen.

Um die Kunden bei Laune zu halten, sorgen spielerische Anregungen wie ein Glücksrad, riesige Rabatte und Gratis-Belohnungen bisweilen für regelrechte Kaufexzesse, die Influencer auf ihren Sozial Media-Kanälen geradezu feiern. Die Strategie des Shopping-Giganten aus China hat eine Dokumentation beschrieben, die in der ZDF-Mediathek noch bis Januar 2025 zu sehen ist. Verbraucherschützer sind bereits auf den Plan getreten, warnen vor mangelhaftem Kundenservice, minderwertigen Produkten und Produktnachahmungen.

Was unbemerkt im Hintergrund passiert

IT-Sicherheitshersteller Eset gibt zu bedenken, dass sich die Temu-App "großzügig" bei den Daten ihrer Nutzer bedient: Kamera, Mikrofon, Shopping-Verlauf, Fotos und Adressbuch - auf all diese sensiblen Informationen will die App nach der Installation zugreifen. Temu sei wohl die einzige Shopping-App, die unbemerkt vom Nutzer Screenshots anfertige, so Eset.

Und nicht nur das. Die App übertrage auch Standortdaten und könne selbständig weitere Apps auf dem Smartphone eines Nutzers laden und installieren, so Security-Experte Tim Berghoff von G Data in der ZDF-Dokumentation. Dass die Temu-App gar eine Schadsoftware sei, soweit will Berghoff nicht gehen.

"Temu ist eine wahre Datenkrake und fordert Berechtigungen ein, die die App gar nicht benötigt. Nutzer müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie auf der Verkaufsplattform nicht nur mit ihrem Geld, sondern auch mit ihren Daten bezahlen", sagt Christian Lueg, IT-Sicherheitsexperte bei Eset. Wie genau Temu diese Daten verarbeitet und ob der Datenschutz eingehalten wird, sei unklar, so Lueg weiter.

In der ZDF-Dokumentation weist Temu alle Vorwürfe des Datenmissbrauchs zurück. Man fertige keine Screenshots an, das Nachladen von Apps finde nicht statt, ebenso würden keine Standortdaten gesammelt, ließ Temu die Macher der Dokumentation wissen.

Security-Experte Berghoff konnte indes im Quellcode der Temu-App das Gegenteil zeigen. Die Kritiker sind sich aufgrund der umfangreichen Rechte, die sich diese App einräumt, einig: Die Temu-App habe großes Potenzial für Datenmissbrauch.