Broadcom nimmt VMware-Topkunden aus dem Partnervertrieb
Schätzungen zufolge wird Broadcom dem VMware-Channel weltweit circa 2.000 Kunden wegnehmen und direkt betreuen. Versuche von Partnern, Deals zu registrieren, wird der neue VMware-Besitzer umgehend zurückweisen.
"Mit sofortiger Wirkung: Strategische Kundensegmente sind nicht mehr für die Opportunity-Registrierung zugelassen". So heißt es in Broadcoms neuen "Opportunity Registration Policies", die CRN einsehen konnte. Das Dokument zu den neuen Regelungen für die Projektregistrierung wurde während einer Broadcom-Informationsveranstaltung für VMware-Partner am 4. Januar verteilt. Dabei informierte Broadcom die Partner auch darüber, dass jeder Auftrag, den sie für einen "strategischen" Kunden registrieren wollen, abgelehnt würde.
"Wenn Sie neue Opportunity-Registrierungen für strategische Accounts einreichen, werden diese abgelehnt", schrieb Broadcom. "Wenn das Geschäft eines VMware-Partners mit einem strategischen Kunden noch in der Schwebe ist, wird es abgelehnt." Ebenfalls zurückgewiesen werden Projekte, die bereits genehmigt waren, für die jedoch noch kein verbindliches Angebot vorliegt.
Auf wiederholte CRN-Nachfragen dazu gab es bisher keine Antworten von Unternehmenssprechern oder Channel-Verantwortlichen . Zu VMware-Partnerfragen herrscht von offizieller Seite weiterhin Schweigen.
Was die informierten Quellen sagen
Mehrere Insider berichteten CRN, dass die Anzahl der Top-Konten, die Broadcom direkt übernehmen wird, weltweit bei etwa 2.000 liegt und beziehen sich dabei auf Aussagen, die Broadcoms CEO Hock Tan kürzlich in nicht öffentlichen Meetings machte.
Vor zwei Wochen hatte Broadcom das Ende des VMware-Partnerprogramm ausgerufen und gleichzeitig angekündigt, ausgewählte Partner in sein eigenes Programm einzuladen - sofern sie sich dafür qualifizieren. Wer als qualifiziert gilt, kann ab dem 15. Januar mit seiner Einladung rechnen. Wie verschiedenen Quellen berichten, liegt die Qualifizierungsschwelle bei einem VMware-Umsatz von mindestens 500.000 US-Dollar pro Jahr.
Bisherige Advanced-, Principal- und Pinnacle-Partner haben offenbar noch bis zum 4. Februar Anspruch auf Deal Protection, Ad+ Rabatte und Vorzugspreise. Ob und wie es danach weiter geht mit den einzelnen Partnern, ihrem Status, mit Lizenzen, Konditionen und nicht zuletzt mit dem Support, bleibt abzuwarten.
VMware-Partner schlagen Alarm
Etliche VMware-Partner haben sich an die US-CRN gewendet, weil sie sich Sorgen um ihr Geschäft machen und sie der Meinung sind, dass Broadcom seit dem Abschluss der 61-Milliarden-Dollar-Übernahme von VMware am 22. November 2023 zu wenig Informationen geliefert habe.
"Das Unternehmen, für das ich arbeite, ist ein langjähriger Partner von Broadcom und VMware", so ein VMware-Reseller im Westen der USA in einer E-Mail an CRN. "Wir haben die Auswirkungen von Broadcom-Übernahmen schon bei CA Technologies und Symantec deutlichst zu spüren bekommen. Sowohl CA als auch Symantec waren früher die umsatzstärksten Unternehmen für den Verkauf von Produktlösungen und professionellen Dienstleistungen. Seit der Übernahme durch Broadcom ist dieses Geschäft komplett verschwunden."
Ein anderer Partner rechnet nicht damit, dass seine Firma eine Einladung zum Broadcom-Programm bekommen wird. Mit einem jährlichen VMware-Umsatz in sechsstelliger Höhe hat der Partner an der Ostküste jedoch Kunden mit kritischer VMware-Infrastruktur und bisher noch keine Anweisung, wie er an diese Kunden verkaufen oder sie unterstützen soll. "Soll ich bei CDW kaufen? Bekomme ich das Produkt von einem Master-VMware-Partner? Was sind unsere Optionen?", fragte der ratlose Partner in einem Telefonat mit CRN.
Trotz allem habe er nicht vor, zu einem anderen Anbieter zu wechseln, da die VMware-Lösung sehr tief mit den Stacks seiner Kunden verflochten sei. "Meine einzige Sorge ist, wie ich in Zukunft Transaktionen abwickeln kann und wie ich Support bekomme, wenn ich ihn brauche", so der Partner. "Wir werden bei VMware bleiben. Und wenn wir keine Partner mehr sein sollen, werden wir einen alternativen Weg finden, das Produkt zu kaufen und zu unterstützen. Für einen Umstieg ist unsere installierte Basis einfach zu groß. Unsere gesamte Automatisierung - alles, was wir tun, basiert auf VMware."
Vorlage für Direktgeschäft bekannt: Die Broadcom-Übernahmen von CA und Symantec
Das Muster, wie Broadcom jetzt den VMware-Channel auseinandernimmt, folgt dem aus früheren Übernahmen. CA und Symantec liefern die Blaupause nun für VMware, hatte CRN dies in einem Kommentar vergangenen November beschrieben: Die Vorlage für diesen 61-Mrd.-Dollar-Deal und die Maßnahmen, die kommen werden, hat Broadcom längst in der Tasche. Zwar war das Volumen der vergangenen Übernahmen von CA Technologies und Symantec erheblich kleiner als jetzt. Das Muster dahinter - vor allem im Vertrieb - ist aber identisch und es könnte sich auch bei VMware wiederholen: Die Top-Kunden (Enterprise) werden direkt betreut. Um die Masse der anderen, kleineren Kunden kümmert sich der Channel, die internen Sales-Kapazitäten für das Channel-Management werden indes gestrafft. Broadcom wird versuchen, die Masse der Partner durch Distributoren betreuen zu lassen.
Distributoren könnten folglich die großen Gewinner der Übernahme von VMware durch Broadcom sein. Möglicherweise aber auch nur einer von ihnen, wenn das "Broadcom-Arrow-Modell" greift. Broadcom hatte nämlich nach der Übernahme des Security-Riesen vielen Distributoren gekündigt und ist auf Exklusivdistribution umgestiegen. Hierzulande ist Arrow ECS der einzige VAD, der Symantec vertreibt. "Als exklusiver europäischer Aggregator für Cybersicherheit von Broadcom ist Arrow der einzige Vertriebshändler für das Symantec-Unternehmenssicherheitsportfolio für seinen europäischen KMU/SMB Kundenstamm (offiziell bekannt als "Commercial")", heißt es auf der Homepage.