Oracle braucht dringend mehr Rechenzentren
Für den riesigen Auftragsbestand und weitere OCI-Verträge reichen Oracles Kapazitäten aktuell vorne und hinten nicht aus. Neue Cloud-Rechenzentren solle Abhilfe schaffen
Wer mehr Nachfrage als Kapazitäten hat, steckt im Grunde genauso im Dilemma, wie jemand, der Überkapazitäten hat und diese finanzieren muss. "Wir müssen 100 zusätzliche Cloud-Rechenzentren bauen, weil die vertraglich vereinbarte Nachfrage um Milliarden Dollar höher ist, als wir derzeit liefern können. Die Nachfrage nach Cloud-Infrastruktur ist riesig und wächst in einem noch nie dagewesenen Tempo", berichtete Larry Ellison, CTO und Gründer von Oracle bei der Telefonkonferenz zu den jüngsten Quartalsergebnissen.
Diese waren schlechter als erwartet ausgefallen, was die CEO Safra Catz auch auf den Druck zurückführte, so schnell wie möglich Kapazitäten aufzubauen. Laut Catz hätte das Unternehmen im zweiten Quartal seines Geschäftsjahrs 2024 "Hunderte von Millionen Dollar" mehr Umsatz mit Oracle Cloud Infrastructure (OCI) machen können, wenn es denn ausreichende Kapazitäten gegeben hätte.
"Ehrlich gesagt erwarten wir, dass das OCI-Geschäft astronomisch wachsen wird. Es ist nun mal die ideale Infrastruktur für so viele Anwendungen. Wir haben Nachfrage ohne Ende", so Catz.
Aktuell erweitert Oracle 66 seiner bestehenden Rechenzentren und hat mit dem Bau von neuen großen Zentren begonnen. Von den insgesamt 100 geplanten Cloud-Rechenzentren werden in nächster Zeit erst einmal 20 ans Netz gehen, die Oracle die gemeinsam mit Microsoft Azure betreibt. Wie Ellison berichtete, werden diese direkt mit Azure verbundenen Zentren mehr als 2.000 komplette Racks mit Exadata-Datenbankmaschinen beherbergen, "die Zehntausende von Kunden bedienen".
Auch die Verfügbarkeit von GPUs werde zusehends besser. Ellison erzählte den Teilnehmern am Earnings Call, dass Elon Musks KI-Startup xAI dringend mehr Nvidia-GPUs für sein Grob genanntes Large Language Model (LLM) benötigt. "Jungejunge, die wollen so viele GPUs. Wir gaben ihnen zwar etliche, aber sie wollen immer noch mehr. Jetzt kommt der Nachschub in Gang und in den folgenden Quartalen werden wir unsere Kapazitäten immer weiter steigern können. Wir geben unseren Kunden, was wir können…".
Schnelle Kapazitätssteigerungen wären dringend angezeigt, denn zu den milliardenschweren, bestehenden Auftragsüberhängen wird Oracle laut Ellison in Kürze zwei Verträge im Wert von je einer Milliarde Dollar unterzeichnen. Da kommt es gut zupass, dass Oracle dank seiner Automatisierungstechnologie der „Betrieb von 100 Rechenzentren im Hinblick auf Datenbankadministratoren oder die Mitarbeiter, die Oracle Autonomous Linux betreiben nicht mehr kostet als der Betrieb von 10", wie Ellison angab.
Steiler Cloud-Kurs nach oben
Im abgelaufenen Quartal wuchs der Umsatz mit OCI 50 Prozent. Und das Unternehmen erwartet, dass die Wachstumsrate auch in der näheren Zukunft ähnlich hoch bleiben wird, zumal angesichts des „astronomisch wachsenden Auftragsbestands".
Dabei sei generative KI (kurz GenKI oder GenAI) jedoch nur ein Faktor, der die Nachfrage nach Oracle-Produkten und -Dienstleistungen antreibt. Große Umsatzchancen lägen auch im Bereich staatlicher Clouds und im Gesundheitswesen.
"Wir können für große Organisationen, die nicht wollen, dass ihre Daten mit denen anderer Unternehmen vermischt werden, auch regionale Rechenzentren bauen", sagte Ellison. "Sie wollen eine öffentliche Cloud. Sie wollen eine vollständige OCI. Sie wollen jeden Teil von OCI, aber sie wollen niemanden sonst in ihrer Region haben. Sie wollen, dass es ihnen gehört und nur ihnen. Wir können das leisten. Niemand sonst kann das. Und die Nachfrage danach ist enorm."
Die Bruttomargen für solche Target OCI sind deutlich höher sind als die von reinen Cloud-Anbietern, berichtete CEO Catz. "Je mehr wir wachsen, desto höher ist unser Anteil an der Bruttomarge", sagte sie. "Also ja, wir tätigen derzeit viele Investitionen. Und wir werden auch in Zukunft viel investieren. Aber unsere Rentabilität steigt weiter an."
Finanzergebnisse in Kürze
Was den für Investoren enttäuschenden Jahresvergleich betrifft, so lagen die Umsätze mit Cloud-Lizenzen und On-Premises-Lizenzen in abgelaufenen bei 1,18 Milliarden Dollar, also 19 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Dem gegenüber standen allerdings Aufwendungen in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar für die Erweiterung der Kapazitäten.
Für das Gesamtgeschäftsjahr 2024 rechnet Catz mit Investitionsausgaben in Höhe von 8 Milliarden Dollar. Dabei würden Investitionen in der zweiten Jahreshälfte erheblich höher ausfallen, weil Oracle dann mehr Kapazitäten in Betrieb nehmen wird.
Im zweiten Quartal hatte der Anbieter 1,1 Milliarden Dollar für die Erweiterung seiner Kapazitäten ausgegeben zu erweitern. Catz rechnet für das Geschäftsjahr mit Investitionsausgaben in Höhe von 8 Milliarden.
Der Quartalsumsatz lag trotz allem bei 12,94 Milliarden Dollar, also vier Prozent über dem Vorjahr. Der Cloud-Umsatz belief sich auf 4,8 Milliarden (+ 24 Prozent), wobei Infrastructure-as-a-Service (IaaS) mit 50 Prozent Wachstum zu Buche schlug. Cloud-Anwendungen und Software-as-a-Service (SaaS) brachten 3,2 Milliarden Dollar (+24 Prozent) ein, die Umsätze mit Cloud-Services und Lizenz-Support erreichten im Quartal 9,64 Milliarden Dollar, 11 Prozent mehr als im Vorjahr.
Die offenen Leistungsverpflichtungen im letzten Quartal hatten einen Wert von rund mehr als 65 Milliarden Dollar.