Vorboten weiterer VMware-Verwerfungen in den USA
Massenentlassungen, zornige Partner und Unsicherheit bei den Endkunden – so begann die erste Woche nach der Übernahme von VMware durch Broadcom.
"Es ist eine Kombination aus Abscheu und Enttäuschung." So beschrieb einer der gekündigten VMware-Mitarbeiter am Montag die Stimmung im Unternehmen, nachdem sich die Entlassungswelle herumgesprochen hatte. "Monatelang haben wir nicht gewusst, was passieren würde. Sie haben uns wie Wegwerfartikel behandelt", berichtete der Noch-VMware-Manager der CRN.
"Vor Abschluss des Deals hatten sie Übernahmeangebote an Mitarbeiter geschickt, aber die haben Tausende von uns wohl einfach nicht bekommen. Selbst das Management von VMware wusste nicht, welcher Status in den verschiedenen Business Units gelten würden. Vermutlich hatte Broadcom einen Plan, aber einfach nicht viel dazu mitgeteilt."
Auf CRNs Bitte um einen Kommentar zu den Stellenstreichungen hat Broadcom bis Redaktionsschluss nicht reagiert. Allerdings hatte das Unternehmen zuvor erklärt, dass es nach der Übernahme von VMware "Synergiegewinne" von bis zu 250 Mio. Dollar erzielen könne.
Trotzdem hat scheinbar niemand damit gerechnet, dass Broadcom das Ruder bei VMware so schnell übernehmen würde. C.R. Howdyshell, CEO von Advizex, ein Unternehmen von Fulcrum IT Partners, das im letzten Jahr 30 Mio. Dollar Umsatz mit VMware gemacht hatte, berichtet, dass die Entlassungen zu "erheblicher Besorgnis und Chaos" bei Kunden und den Partnern in den Vertriebsfront führen.
"Für Partner sehen wir bei dieser Übernahme keinen Nutzen", so Howdyshell. "Als Partner wissen wir nicht, wen wir jetzt anrufen sollen. Mit uns hat niemand gesprochen. Und bei den Kunden herrscht große Unsicherheit auf höchster Ebene, denn sie wissen nicht, ob sie ihre millionenschweren ELAs (Enterprise Licensing Agreements) und TLAs (Technology License Agreements) mit VMware verlängern sollten."
Advizex habe derzeit drei ELAs und ein TLA für vier verschiedene Kunden, die durch die Übernahme ins Stocken geraten sind, berichtet Howdyshell. "Uns wurde gesagt, dass jedes Angebot null und nichtig ist und wir neue Preise einholen müssen."
Auch andere Lösungsanbieter berichteten CRN, dass sie aufgrund der Übernahme mit großer Unsicherheit zu kämpfen haben. Der CEO eines Top-VMware-Partners, der nicht namentlich genannt werden will, sagte, dass seine Kunden besorgt über mögliche Preiserhöhungen sind:
"Wir haben viele Kunden, die sich Sorgen machen, dass die Kosten für VMware steigen und die Qualität von Service und Support sinken könnte", sagte er. "Damit müssen wir uns jetzt auseinandersetzen. Aus meiner Sicht hat Broadcom mit seinen bisherigen Software-Akquisitionen keine gute Arbeit geleistet. Sie haben Symantec und Computer Associates gekauft, und im Markt hat der Ruf beider Unternehmen gelitten". (Siehe dazu auch den Kommentar von CRN)
Aktuell führe sein Unternehmen viele Kundengespräche zum Thema Risikominderung, für den Fall, dass der VMware-Stack viel teurer wird. "Wenn Sie eine ELA haben, deren Preis gerade festgesetzt wird und Sie im nächsten Monat kaufen müssen, dann haben Sie keinen Einfluss", sagte er. "Vermutlich werden einige Kunden also einen Ein-Jahres-Vertrag unterschreiben und dann versuchen herauszufinden, was sie auf mittlere und längere Sicht tun sollen."
Nutznießer des Chaos bei VMware werde mit Sicherheit Nutanix sein, so der CEO des großen VMware-Partners. "Wenn Sie derzeit Nutanix nutzen, können Sie ohne zusätzliche Kosten zu Acropolis wechseln und Sie haben ein überzeugendes Angebot für VMware-Kunden."
VMware-Kürzungen sind keine Überraschung
Seit der Ankündigung der Übernahme im Mai 2022 hatte Broadcom keinen Zweifel daran gelassen, dass es bei VMware tiefe Einschnitte geben würde. Schon damals hatte Hock Tan, der CEO von Broadcom, gegenüber der amerikanischen Börsenaufsicht SEC seinen Weg skizziert, die Rentabilität von VMware um 3,8 Mrd. Dollar steigern zu wollen - indem er "doppelte allgemeine und administrative Funktionen in den Bereichen Personal, Finanzen, Recht, Anlagen und Informationstechnologie eliminiert."
Auf LinkedIn sorgten die Posts der Entlassenen für Erfahrungsaustausch, gegenseitigen Trost und Anerkennung für die bei VMware geleistete Arbeit. Kris Anderson, Director of VMware Marketing Strategy, schrieb, das VMware-Marketingteam habe "Titanen-Arbeit" geleistet, um das Unternehmen zu seinem gegenwärtigen Wert zu bringen. "Da Broadcom sein neues Kapitel nun mit VMware als Teilstück aufschlägt, wird meine Rolle nicht mehr gebraucht", so Anderson. "Es gibt so viel, auf das ich zurückblicken kann. Die Menschen, mit denen ich das Glück hatte, zusammenzuarbeiten, die Projekte, an denen ich arbeiten durfte, die Erfolge, die ich mitgestalten durfte, das alles ist unermesslich."
Im Laufe des Tages gab es zahlreiche Meldungen von VMware-Mitarbeitern, die entlassen worden sind und jetzt auf Jobsuche sind, darunter auch die von Software-Ingenieuren und Spezialisten für Informationssicherheit.
"Während ich versuchen werde, die Feiertage mit meiner Familie und meinen Freunden zu genießen, werde ich sicher auch auf dem Arbeitsmarkt aktiv sein, um zu sehen, ob ich für kommendes Jahr etwas finden kann", schrieb etwa Vaughn Valenci, ein strategischer Programm-Manager für Tanzu Compliance.
Todd Yori, ein Veteran der U.S. Navy, nannte VMware seinen Traumjob. Der bald ehemalige strategische Kundenbetreuer in der SLED-Abteilung wendete sich in seinem Post direkt an Channel-Partner: "Wenn Sie ein VMware-Reseller sind, die Regierung des Staates Florida beliefern und Mitarbeiter suchen, dann würde ich gerne mit Ihnen sprechen", schrieb er. "Ich bin vor Ort in Tallahassee."