US-Anbieter Kiteworks übernimmt gleich zwei deutsche Security-Spezialisten

Deutsche Spezialisten für sicheren Datenaustausch sind bei US-Firmen sehr gefragt. Nun übernimmt Kiteworks aus dem Silicon Valley Owncloud und Dracoon, beide aus Bayern. Die Positionierung, "scharfkantig gegen die marktbeherrschende amerikanische Konkurrenz" bröckelt zunehmend.

Tobias Gerlinger, Owncloud (li.), Marc Schieder, CIO Dracoon.

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Tobias Gerlinger, Owncloud (li.), Marc Schieder, CIO Dracoon.

Der Anbietermarkt deutscher mittelständischer IT-Häuser, die sich mit ihren datensouveränen Lösungen "Made in Germany" positionieren, konsolidiert weiter. Treiber der Akquisitionen und Zusammenschlüsse: Vor allem US-amerikanische Tech-Unternehmen. Dieses Mal ist es Kiteworks, Anbieter von Datenschutz- und Compliance-Lösungen für die Kommunikation sensibler Inhalte über Private Content Networks (PCN). Das 1999 in San Mateo gegründete Unternehmen übernimmt gleich zwei deutsche Firmen: Owncloud aus Nürnberg und Dracoon aus Regensburg.

Die beiden Firmen seien europäische Marktführer bei sicherem und Compliance-konformem Filesharing sowie Collaboration, teilt Kiteworks mit. Die Vision von CEO Jonathan Yaron ist es, die "robusteste und benutzerfreundlichste Plattform für Content Security und Compliance auf globaler Ebene anzubieten". Die drei Unternehmen teilten das Ziel, "sensible Inhalte von Kunden zu schützen, ohne die Benutzerfreundlichkeit und die Produktivität in den Kommunikationskanälen für sensible Inhalte zu beeinträchtigen".

Kiteworks ist sich der Sorgen von Kunden und Partnern der beiden deutschen Unternehmen durch die Fusion sehr wohl bewusst und teilt mit, dass Kiteworks keinen Zugang zu den Schlüsseln oder Daten der Kunden beider deutschen Firmen erhalte. "Vertrauen und Datenschutz sind unsere Grundwerte, die unser Handeln leiten," so CEO Yaron.

Waren doch Owncloud und Dracoon angetreten, Kunden die Souveränität über ihre Daten zurückzugeben. "Der Schlachtruf 'Null-Toleranz bei Sicherheitsrisiken - totale Datenhoheit für Zugriffsberechtigte!' positionierte SSP Europe [so hieß Dracoon vormals] scharfkantig gegen die marktbeherrschende amerikanische Konkurrenz. Namhafte Unternehmen im deutschsprachigen Raum waren von Anfang an überzeugt. Sie machten 'Secure Date Space' innerhalb von zwei Jahren zum marktführenden Produkt für business-fokussierte File Services," heißt es auf der Webseite von Dracoon.

In Kürze würden Kunden und Partner der beiden von Kiteworks übernommenen Firmen einen Zugang zu den erweiterten Sicherheits- und Compliance-Funktionen von Kiteworks erhalten. Langfristig würden die kombinierten personellen und technischen Ressourcen der drei Unternehmen das Datenmanagement und die Datenkontrolle für regulierte Branchen im DACH-Markt erheblich voranbringen. Es soll "Zero-Trust-Policy-Management für die Kommunikation sensibler Inhalte auf einer einzigen Plattform ermöglichen".

Kiteworks will das "hohe Engagement von Dracoon und Owncloud für Datenschutz und Datenhoheit ihrer Kunden" übernehmen - vom Single-Tenant-Hosting bis hin zum Schlüsselmanagement und der Verschlüsselung, auf die nur der Kunde Zugriff habe, so dass die Kundendaten vollständig geschützt seien.

Dann listen die drei Unternehmen ihre Zertifizierungen und Compliance-Standards auf. Kiteworks: SOC 2 Typ II, FedRAMP Authorized, ISO 27001, 27017 und 27018, Cyber Essentials Plus. Dracoon und Owncloud: BSI C5, IDW PS 951, IT Security Made in Germany (ITSMG), IT Security Made in the EU (TeleTrusT) und Software Hosted in Germany. "Die Einhaltung internationaler und lokaler Sicherheitsstandards zeigt, dass sich alle drei Unternehmen den individuellen Anforderungen ihrer Kunden verpflichtet fühlen", heißt es ferner.

Zu dem heiklen Punkt, dass nun ein strategischer Investor aus den US-Unternehmen Eigentümer ihrer Firma sind, nehmen beiden Dracoon-Geschäftsführer Björn Momsen und Marc Schieder Stellung: "Kiteworks‘ Engagement für nationale und internationale Sicherheitsstandards entspricht exakt dem Fokus von uns und unseren Kunden. Wir sind begeistert über die Möglichkeiten, die sich durch diese Zusammenarbeit eröffnen".

Auch Tobias Gerlinger, Geschäftsführer von Owncloud, möchte Kontinuität im Umbruch betonen. "Wir teilen die Leidenschaft, Organisationen die nahtlose gemeinsame Nutzung und Bearbeitung sensibler Inhalte zu ermöglichen - unabhängig von Gerät und Standort und unter Einhaltung von Vorschriften sowie Anforderungen an die Datensouveränität. Die Bedeutung von Ownclouds Open Source in Unternehmen und im öffentlichen Sektor wird von beiden Organisationen geteilt", sagt er.

Übernahmen von deutschen Security-Spezialisten aus dem Mittelstand durch US-Firmen gab es zuletzt einige. Unter anderem hat Netwrix die Lösung Passwortsafe von Mateso aus Neusäß vor einem Jahr gekauft. Boxcryptor, die Verschlüsselungslösung der Augsburger Secomba wurde von Dropbox übernommen.