Poker um Broadcom-VMware-Übernahme: China bleibt wohl regungslos
Die Gespräche, die der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping und der US-Präsident Joe Biden am Rande des APEC-Gipfels in San Francisco führen wollen, könnten auch mit Blick auf den 61-Milliarden-Dollar-Deal zwischen Broadcom und VMware ergebnislos verlaufen.
Nicht nur wegen geopolitischer Fragen, sondern auch angesichts der US-amerikanischen Handelsbarrieren steht das geplante Treffen der beiden Präsidenten unter besonderer Beobachtung. Falls die USA keine Zugeständnisse bei den Exportbeschränkungen von Hightech-Chips macht, könnte die Zustimmung der chinesischen Aufsichtsbehörden zur Übernahme von VMware durch Broadcom wieder einmal ins Ungewisse rücken.
Die Zukunft des 61-Milliarden-Dollar-Deals hat sich in der Realpolitik internationaler Handelsbeziehungen verheddert. Da Peking seine Zustimmung nach wie vor verweigert, werden die Chancen auf einen Abschluss der Übernahme bis zum 26. November immer geringer, berichten auch verschiedene Analysten.
"Es ist sehr wahrscheinlich, dass Chinas Verzögerung in Zusammenhang mit der neuen Beschränkung der US-Regierung steht, die den Zugang fortschrittlicher GPUs verhindern soll, die für KI-Anwendungen verwendet werden", so Tracy Woo, Principal Analyst beim Marktforschungsunternehmen Forrester, gegenüber der CRN. "Und wenn bei dieser Einschränkung keine Zugeständnisse gemacht werden, scheinen die Chancen für einen erfolgreichen Abschluss sehr gering zu sein."
Während der Zeiger immer schneller auf den 26. November vorrückt - den von beiden Unternehmen gewählten Termin, an dem die Übernahme abgeschlossen sein soll, richten sich Augen der Beteiligten und Interessierten auf San Francisco. Dort wird sich der chinesische Staatspräsident Xi Jinping im Rahmen der APEC 23 mit Wirtschaftsführern und Politikern treffen, darunter auch der US-Präsident Joseph Biden.
Dass bei diesem besonderen Gipfeltreffen innerhalb des APEC-Gipfels Fortschritte erzielt werden können, scheint in Frage zu stehen. "Dieses Treffen bietet die Möglichkeit für kleine Zugeständnisse, aber es sieht nicht so aus, als würde es viel bewegen", so die Einschätzung von Woo.
Ein Finanzanalyst, der anonym bleiben möchte, berichtete uns, dass Investoren mit Anteilen an VMware und Broadcom Xis Treffen mit Wirtschaftsführern besonders aufmerksam verfolgen und auf jedes noch so kleine Anzeichen dafür achten, dass China für die Fusion möglicherweise doch noch grünes Licht gibt. Der Analyst sagte allerdings auch, dass inzwischen jede Hoffnung verfolgen sei, dass Politik bei diesem Geschäft keine Rolle spielen würde. Das war spätestens dann klar, als Peking die Bitte um Zustimmung für den Deal nicht mehr einfach nur ignorierte, sondern sie nach dem 30. Oktober verweigerte. Dies war das Datum, das Broadcom-CEO Hock Tan vor 18 Monaten für den Abschluss der Fusion bestimmt hatte.
Die chinesische Wettbewerbsbehörde ist die letzte regulatorische Hürde, die Broadcom nehmen muss, bevor die Übernahme von VMware zum Abschluss kommen kann. Dazu bleiben jetzt noch knapp zwei Wochen Zeit.
Fünf Punkte, auf die man zum Vollzug der Übernahme im Kopf haben sollte.
Warum der 26. November wichtig ist
Das so genannte "Outside Date" markiert das Ende eines Deals. Wenn der 26. November verstreicht, ohne dass die Fusion zustande kommt, können VMware oder Broadcom ungestraft aus der Vereinbarung aussteigen. Erfolgt ein Ausstieg vor dem vereinbarten Termin, drohen finanzielle und rechtliche Strafen.
VMware und Broadcom haben die Frist bereits mehrmals verlängert - im Februar, Mai und August und jedes Mal im gegenseitigen Einvernehmen. Mit Blick auf den 26. November gibt es keine Verlängerungsvereinbarung.
Auf die Frage von CRN, was passieren würde, falls es zum Termin keinen Abschluss gibt, antwortete VMware: "Wir sind ein eigenständiges Unternehmen und werden als solches agieren, bis der Deal abgeschlossen ist, was wir in Kürze erwarten."
Broadcom hatte die Frage bis zum Redaktionsschluss nicht beantwortet.
Bei seinem Auftritt auf der VMware Explore Europe in Barcelona letzte Woche sprach Broadcom-CEO Hock Tan so, als gäbe es keine regulatorischen Hindernisse. Stattdessen bekräftigte er seine Post-Fusionsversprechen an die VMware-Kunden und Partner.
"Wir werden wir das Innovationstempo durch verstärkte F&E-Bemühungen steigern. Wir wollen viel mehr in das VMware-Ökosystem investieren, Seite an Seite mit unseren Partnern, den Value Added Resellern, den Distributoren, den OEMs, den Managed Service Providern und natürlich den globalen Systemintegratoren."
Tan versprach außerdem, die Komplexität von VMware-Produkten in Angriff zu nehmen und sie einfacher nutzbar zu machen.
Die Kunden kommen ins Nachdenken
Laut Forrester und Partnern hat die Unruhe um die Fusion einen Punkt erreicht, an dem auch die Kunden aufmerksam werden und Alternativen abwägen. "Wir haben von vielen Kunden gehört, die sich nach Alternativen umsehen oder VMware wegen dieses Deals überhaupt nicht in Betracht ziehen," so Woo gegenüber CRN.
Auch VMware-Partner berichteten, dass ihre Kunden jetzt genauer darauf achten, was auf sie zukommt. "Unsere größeren Kunden, die VMware-Produkte intensiv einsetzen, achten mit Sicherheit viel mehr darauf, weil das Ergebnis und die Richtung der Fusion einen Teil ihres IT-Kerngeschäfts beeinflussen können", sagte ein VMware-Partner, der nicht namentlich genannt werden will. "Kleinere Kunden, die nicht so viele Workloads zu bewältigen haben, achten nicht so sehr darauf, da sie sich viel mehr auf ihre ausgelagerten IT-Abteilungen verlassen. Es wird interessant sein zu sehen, wie sich das entwickelt, aber eine Beunruhigung ist es schon jetzt."
Broadcoms CEO hatte sich geweigert, bei den von den USA gegen China verhängten Restriktionen nachzugeben. Tan war außerdem dagegen, den 30. Oktobers als Outside Date zu verschieben, selbst als sich die Anzeichen verdichteten, dass China seine Zustimmung wahrscheinlich nicht geben würde.
"Ich war überrascht, als die beiden Unternehmen dann Ende Oktober ankündigten, dass sie auf einen Abschluss vor November hoffen", sagte Woo. "Ich hatte mit einer Verlängerung der Frist von mehreren Wochen bis Monaten gerechnet".
Ein Finanzanalyst sagte CRN, dass Tan durchaus die Möglichkeit gehabt hätte, keine chinesische Genehmigung für das Geschäft einzuholen. Er habe das jedoch im Hinblick auf sein Chinageschäft unterlassen, um gegenüber der Regierung kooperationswillig zu erscheinen. Und so scheint das Schicksal der Fusion nun einzig den Handelsbeziehungen zwischen den USA und China abhängig zu sein.
Finanzierung dürfte kein Problem sein
Im Mai 2022 kündigte Broadcom seine Absicht an, VMware im Rahmen eines 50:50-Bar- und Aktiensplits zu übernehmen, bei dem die VMware-Aktionäre einen Aufschlag von 142,50 US-Dollar für ihre Aktien oder den Gegenwert von Broadcom-Aktien erhalten würden. Damals sagte CEO Hock Tan, dass der Kaufpreis von 61 Milliarden Dollar teilweise durch Kredite eines Bankenkonsortiums in Höhe von 32 Milliarden Dollar gedeckt würde.
Heute sagen Analysten, dass Broadcom und VMware keine Probleme haben würde, Geldgeber zu finden, falls die aktuellen Kreditvereinbrungen auslaufen.
Der Weg geht weiter
Letzte Woche stand VMware-CEO Raghu Raghuram auf der Hauptbühne in Barcelona bei der VMware Explore Europe des Unternehmens und verkündete dem Publikum, dass Tan noch zuversichtlicher sei als bei der ersten Ankündigung des Deals. "Ich kann Ihnen ohne Zweifel sagen, dass er noch begeisterter über das Potenzial von VMware in der Zukunft ist, als er es letzten Mai war", sagte Raghuram, bevor er und Tan die Hände schüttelten.
"Es war ein langer Weg", sagte Tan zu den Anwesenden. "Aber es hat sich gelohnt." Gespräche mit VMWare-Kunden und -Partnern hätten den Wert der Firmenkombination noch einmal deutlicher gemacht. "Wir werden das Innovationstempo nicht nur fortsetzen, sondern beschleunigen", versprach Tan. Broadcom werde unmittelbar nach Abschluss der Transaktion zwei Milliarden Dollar in VMware investieren.