Bechtle sieht erste Zeichen konjunktureller Erholung - Einstieg als Hersteller in KI
Schwaches IT-Handelsgeschäft, Wachstum im Software- und Systemhaus- und Service-Geschäft, aber ein starker Auftragseingang und steigende Gewinne: Bechtle ist mit dem Q3 insgesamt zufrieden, bestätigt die Jahresprognose. Die Börse straft Bechtle dennoch einstweilen ab.
Ein nur bescheidenes Umsatzwachstum von einem Prozent auf 1,479 Mrd. Euro im dritten Quartal 2023 meldet Bechtle an diesem Freitag. An der Börse verlieren die Bechtle-Aktien mehr als fünf Prozent. Obwohl der Systemhausriese das Ergebnis vor Steuern um 6,4 Prozent auf fast 94 Mio. Euro und die EBT-Marge von 6 auf 6,3 Prozent steigern konnte.
Das schlechte konjunkturelle Umfeld spürt Bechtle deutlich in seinem B2B Handelssegment, das ein Umsatzminus von 7,5 Prozent auswies. "Nach wie vor verschieben insbesondere mittelständische Kunden Projekte rund um die Erneuerung ihrer klassischen IT-Infrastruktur. Die überdurchschnittlich hohen Investitionen während der Corona-Pandemie, eine unverändert angespannte gesamtwirtschaftliche Lage, verbunden mit einer großen Unsicherheit der Kunden bezüglich der weiteren Konjunkturentwicklung, führen zu einer Nachfragezurückhaltung".
Bechtle-Chef Olemotz ist dennoch optimistisch, verweist auf den hohen Auftragseingang, hohe stabile Nachfrage bei Transformationsprojekten der öffentlichen Hand - vor allem der Bund -, ein gut laufendes Softwaregeschäft innerhalb des Bechtle-Segments "IT-Systemhaus & Managed Services". Hier stiegt das Geschäftsvolumen um 10,8 Prozent, der fast organisch wachsende Umsatz kletterte in Q3 um 5,8 Prozent auf 996,2 Mio. Euro.
"Insgesamt war die Nachfrage bei öffentlichen Auftraggebern und Großkunden unverändert hoch. Insbesondere komplexe Digitalisierungsprojekte zur Transformation von IT-Architekturen treiben das Systemhausgeschäft". Somit verbesserte sich in diesem Segment das EBIT um 13,8 Prozent auf 66,3 Mio. Euro. Die EBIT-Marge erhöhte sich von 6,2 auf 6,7 Prozent. Bechtle profitiert hier von höheren Margen und auch von höheren Boni-Ausschüttungen der Hersteller für solche Partner, die ihre As-a-Service-Lösungen bei großen Transformationsprojekten einsetzen.
Die Prognose für 2023 bestätigte Bechtle. Olemotz bemüht dieses Mal sehr bewusst das Bild der Glaskugel. "Selten war es so schwer, Prognosen zu stellen". Er ist sich aber sicher, dass sich die aktuelle Zurückhaltung des Marktes für IT-Infrastruktur-Projekte auflösen wird. "Ob im ersten oder erst im zweiten Quartal 2024 ist unsicher", so CEO Thomas Olemotz.
Mit der Erwerb von 51 Prozent und Option auf vollständige Übernahme der Rostocker Planet AI (CRN berichtete) wird Bechtle zu einem Hersteller von KI. Das mag erstaunen, bestätigte CEO Olemotz im Gespräch mit CRN. Wenn man von der Eigenmarke Articona für PC-Zubehör einmal absieht, kennt man Bechtle als herstellerunabhängiges Systemhaus mit IT-Handelsgeschäft ohne eigene Produkte, nicht aber als Hersteller. "Ganz neu ist das nicht", relativiert Olemotz. Er verweist auf Bechtles "Service Factory", in der Bechtle schon seit längerem Cloud-Plattformen für Kunden baut. Eine solche mit KI-Funktionalität kommt nun mit Planet AI dazu. Sie soll jetzt als Lösung innerhalb der Bechtle-Systemhäuser bekannt werden.
Vor dem Kauf hatte Bechtle sie in internen Projekten bereits eingesetzt. Bestelldaten der Kunden erreichen Bechtle über unterschiedliche Kanäle und in diversen Formaten. Sie liegen oft als unstrukturierte Daten vor. Plante AI kann sie konsolidieren und klassifizieren, so dass sie in weiteren Systemen verarbeitet werden können. Automatisierung und Optimierung der Prozesse sind so möglich.
"Die Beteiligung an Planet AI hat für uns eine hohe strategische Relevanz. Wir wollen früh in der KI-Technologie dabei sein", sagt der Bechtle-Chef. "Und Planet AI verdient Geld", schreibt also bereits Gewinne, was für Schwaben das Maß der Dinge ist. Weitere Zukäufe bei KI schließt Olemotz nicht aus.