IBM-CEO wirbt für hybride KI-Ansätze und Partnergeschäft
Mit Beratungsleistungen, Watsonx und seinen Vertriebs- und Allianzpartnern liegt IBM offenbar auch bei KI recht weit vorn und auch der Umsatz kann sich sehen lassen. Erkenntnisse aus dem aktuellen Quartalsbericht…
"Wie bei der hybriden Cloud spielt unser Ökosystem aus GSIs, ISVs und Hyperscalern eine entscheidende Rolle dabei, unseren Kunden generative KI anzubieten", berichtete IBM Chairman und CEO Arvind Krishna bei der Konferenz zu den jüngsten Quartalsergebnissen.
Mit ersten Anwendungsfällen für Generative KI, etwa bei der Code-Modernisierung, im Kundenservice und der digitalen Arbeit, vor allem aber mit KI-Beratung und Software habe IBM in den letzten drei Monaten beim Umsatz schon im niedrig dreistelligen Millionenbereich gelegen, so Krishna. "Wir erwarten und planen, dass dies im Laufe der nächsten Quartale noch zunehmen wird", sagte er.
Für Finanzchef Jim Kavanaugh ist das jedoch kein Grund, die Wachstumsprognose für das gesamte Geschäfts anzuheben. Diese bleibe bei einem Plus von drei bis fünf Prozent.
"Wir haben ja noch ein Quartal vor uns, daher ist das nur praktisch gedacht", so der CFO.
Eines der Probleme, mit denen IBM weiterhin zu kämpfen habe, seien die Wechselkurse, die den Umsatz im 3. Quartal mit etwa 250 Mio. Dollar belastetet hätten.
Go-to-Market mit Partnern
IBM habe "Tausende von praktischen Interaktionen mit unseren Kunden" gehabt, berichtete Krishna im Earnings Call. "Das betrifft sowohl unsere größten als auch unsere kleineren Kunden, und ist die Grundlage für zukünftiges Watsonx-Geschäft.
"Ich erwarte, dass Watsonx im kommenden Jahr in großem Umfang zum Einsatz kommt und weltweit in die Produktion geht. Egal, ob die Projekte in die Kategorie große Sprachmodelle, Basismodelle oder generative KI fallen."
Der CEO glaubt, dass Kunden einen Multi-Modell-Ansatz für KI suchen werden, der eine Kombination aus IBM-Modellen, Modellen anderer Anbieter, eigene und Open-Source-Modelle ermöglicht.
Sichere KI schafft Stabilität und Wettbewerbsvorteile
Eigene Mitarbeiter vorschnell zu entlassen, weil demnächst KI ja alles regeln werde, sei unvernünftig, mahnte Krishna. Gerade Kunden, die GenKI etwa für ihre Kodierung in Betracht ziehen, sollten keine ihrer Entwickler entlassen. Stattdessen sollen sie sich um den Abbau angesammelter "Tech-Schulden" kümmern und die Produktivität ihrer Entwickler erhöhen".
"Die meisten Unternehmen erkennen sehr schnell, dass höhere Produktivität ein Wettbewerbsvorteil ist. Und wenn sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten haben, können sie ihn nutzen, ohne mehr Geld für Arbeit auszugeben, und das langfristig."
Im Kundendienst etwa könnten die Kosteneinsparungen bei 20 bis 30 Prozent liegen, schätzt Krishna. Außerdem: "Anders als menschliche Mitarbeiter wird KI nicht müde. Sie wird nicht wütend. Sie regt sich nicht auf."
Für Unternehmen, die über höhere Zinsen, einen Mangel an qualifizierten Arbeitskräften und geopolitische Unsicherheiten besorgt sind, bieten KI und die Hybrid-Cloud "einen Ausweg aus dieser Situation, ohne dass sie ihre Ambitionen für das nächste Jahr zurückschrauben müssen", so Krishna.
Auf die Frage, welche Bedenken IBM-Kunden im Zusammenhang mit KI antwortete Krishna, dass es weiterhin Fragen zur Modellgenauigkeit, zur langfristigen Nutzung, zur Verwendung ihrer eigenen Daten in KI-Modellen und zur langfristigen Haftung gäbe.
"Sie hören und lesen, dass einige der Hersteller von großen Sprachmodellen verklagt werden, egal ob es sich um Künstler, Autoren oder Programmierer handelt", so Krishna.
Für Kunden, die von IBM produzierte Modelle verwenden, böte IBM deshalb einen Rechtsschutz, ähnlich wie für seine Unternehmenssoftware.
"Wir sind zuversichtlich, dass wir zu den Daten stehen können, die wir zum Training der Modelle verwendet haben", sagte er. "Wie Sie sich denken können, ist das für uns bei Open-Source-Modellen schwer zu bewerkstelligen. Aber wir glauben, dass wir auch dafür sorgen können."
Krishna sagte, dass die IBM-Governance-Tools den Kunden helfen werden, die Herkunft der Daten zu verfolgen, die beim Trainieren eines Modells zum Einsatz kommen. Auch verspreche IBM, dass Daten und Modellverbesserungen stets beim Kunden verbleiben.
"Dies trägt dazu bei, Ängste und Unsicherheiten im Zusammenhang mit diesen Themen zu mindern."
Red Hat enttäuscht, trotz guter Zahlen
Das Wachstum von Red Hat verlangsamte sich auf 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und so lag das Ergebnis laut CFO Kavanaugh "ein paar Punkte unter unserer Erwartung".
"Ich denke, das ist eine Diskussion über die Execution insgesamt", so Kavanaugh. "Es kam von der Seite der verbrauchsbasierten Dienstleistungen und Angebote, die übrigens etwa 20 Prozent unseres Portfolios ausmachen und insgesamt eine kürzere Laufzeit haben. ... Wir müssen weiterhin analysieren, was uns im dritten Quartal passiert ist und das Team auf die Execution fokussieren."
Das Hybrid-Cloud-Segment, zu dem Red Hat gehört, entwickelte sich laut Kavanaugh weiterhin gut, mit zweistelligem Wachstum bei Red Hat Enterprise Linux (RHEL), OpenShift und Ansible.
Das Kerngeschäft auf Abo-Basis Red Hat, OpenShift und Ansible wuchs insgesamt um 19 Prozent Und in der IBM-Beratung wuchs die Red-Hat-Praxis im dritten Quartal zweistellig auf Vertragsabschlüsse im Gesamtwert von 1 Milliarde Dollar.
Stark im Consulting
In den letzten drei Quartalen ist der Umsatz mit Beratungsbuchungen extrem gestiegen: 32 Prozent in diesem dritten Quartal, 24 Prozent im Vorquartal und 7 Prozent in Q1.
Dieses Wachstum führt Kavanaugh auf Kunden zurück, die digitale Transformation und Anwendungsmodernisierung anstreben. Dazu beigetragen habe aber auch IBMs Öffnung für mehr strategische Partnerschaften habe.
Krishna berichtete, dass IBM Consulting Fachwissen von Azure OpenAI genutzt hat, um Aufträge zu gewinnen und auch das von Amazon Braket, einer Plattform für Quantencomputer.
"Sie kommen sie mit einer Methodik, tiefgreifender Kompetenz und Tausenden von geschulten Beratern, die wissen, wie man auf diesen Plattformen arbeitet."
Trotz alledem stehe die IBM Consulting vor denselben Herausforderungen wie jedes andere Dienstleistungsunternehmen. "Es gibt makroökonomische Herausforderungen, ohne Zweifel", so Krishna. "Aber wir müssen trotzdem hinausgehen und jeden einzelnen Tag konkurrieren. Und ich denke, wir können uns mehr Marktanteile holen."
Während des letzten Quartals wuchs der Beratungsumsatz (ohne Berücksichtigung von Wechselkursen) um 5 Prozent und brachte IBM 5 Milliarden Dollar ein. Die Kunden priorisierten Transformationsprojekte, die Kosteneinsparungen und Produktivität ermöglichen, brachten aber auch Aufträge rund um Generative KI.
"Wir helfen unseren Kunden zu verstehen, wie KI eingesetzt werden kann, um Aufgaben zu automatisieren, bessere Entscheidungen zu treffen und die Kundenerfahrung zu beschleunigen und zu verbessern", sagte Kavanaugh. "Wir bieten unseren Kunden die Möglichkeit, ihre Transformation zu beschleunigen und generative KI verantwortungsvoll einzusetzen, sei es durch die Nutzung der KI-Fähigkeiten von IBM, unserer Partner oder einer Kombination daraus."
Innerhalb des Beratungssegments wuchs der Bereich Business Transformation Consulting um 5 Prozent. Die Technologieberatung wuchs um 1 Prozent. "Das Wachstum bei der Cloud-basierten Anwendungsentwicklung und -modernisierung wurde teilweise durch Rückgänge bei On-Prem-Anwendungsprojekten ausbalanciert", sagte er.
Laut Kavanaugh machten strategische Partnerschaften etwa 40 Prozent des Beratungsumsatzes aus und wuchsen zweistellig, bei Vertragsabschlüssen und Umsatz. Der Umsatz mit Hyperscaler-Partnerschaften stieg um mehr als 40 Prozent. Hierbei verdoppelten sich die Vertragsabschlüsse im Vergleich zum Vorjahr.
Noch mehr Zahlen zum 3. Quartal
IBM erzielte im dritten Quartal einen Umsatz von 14,8 Milliarden Dollar, also etwa 3,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Software-Umsatz wuchs im Jahresvergleich um 6 Prozent und erreichte 6,3 Milliarden US-Dollar.
Das Segment der hybriden Plattformen und Services, das Red Hat, Automatisierung, Daten und KI sowie Sicherheit umfasst, stieg im Jahresvergleich um 7 Prozent. Der jährlich wiederkehrende Umsatz (ARR) lag bei 14 Milliarden US-Dollar.
IBMs Umsatz mit Automatisierung stieg um 13 Prozent. "Wir hatten Stärken bei AIOps und Management, angetrieben durch eine gute Leistung bei Instana, Turbonomic und jetzt Apptio, da Kunden danach streben, ihre Geschäftsergebnisse zu optimieren und die Produktivität zu steigern", so Kavanaugh.
Das Geschäft mit Daten und KI wuchsen um 6 Prozent. "Zu den Wachstumsbereichen gehören Data Fabric und Customer Care, da Unternehmenskunden sich sowohl auf generative KI-Lösungen vorbereiten als auch diese einführen und dabei Watsonx nutzen", so der CFO.
"Wir sind auch im Bereich Asset- und Supply-Chain-Management gewachsen, da wir Unternehmen dabei helfen, nachhaltig zu wirtschaften."
Der Bereich Security schrumpfte um 3 Prozent. "Wir hatten Wachstum bei Sicherheitssoftware, das durch Datensicherheit und Identitäts- und Zugriffsmanagement angetrieben wurde. Das wurde durch Rückgänge bei den Managed Security Services balanciert."
IBMs Transaktionsverarbeitungssoftware wuchs im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent. "Der Erfolg der letzten zSystem-Zyklen treibt die Nachfrage nach dieser geschäftskritischen Software an", so Kavanaugh. "Dies und die Preiserhöhungen trugen zum Wachstum der wiederkehrenden und transaktionsbezogenen Softwareumsätze im Bereich Transaktionsverarbeitung bei."
Der Umsatz mit IBM-Infrastruktur, zu der auch IBM zSystems gehört, sank nach Angaben des Anbieters im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozent, ohne Berücksichtigung von Wechselkursen. Dieses Segment brachte aber immer noch 3,3 Milliarden Dollar für das Quartal ein.
IBM zSystems wuchs im Jahresvergleich um 9 Prozent. IBMs z16-Umsatz liegt "nach sechs Quartalen der Verfügbarkeit deutlich über den früheren Zyklen", sagte Kavanaugh.
Als Gründe für die Stärke der z16 nannte er die wachsenden Anforderungen der Unternehmen an die Arbeitslasten und den wirtschaftlichen Wert der Plattform bei traditionellen Datenverarbeitung und Linux-Konsolidierung.
"Die installierte MIPS-Kapazität (Millionen Instruktionen pro Sekunde) für Linux auf Z hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als vervierfacht. Die Kunden schätzen weiterhin die Sicherheit, Ausfallsicherheit und Hybrid-Cloud-Fähigkeiten der zSystems-Plattform.
Die verteilte Infrastruktur ist im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent gesunken, was Kavanaugh auf das hohe Wachstum im Vorjahr zurückführt. Das Wachstum bei IBM Power wurde durch Rückgänge bei Storage ausgeglichen. Der Infrastruktur-Support ging im Jahresvergleich um 7 Prozent zurück.
IBM meldete für das laufende Jahr einen Netto-Cashflow von 9,5 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von 3 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Der freie Cashflow belief sich auf 5,1 Milliarden US-Dollar und lag damit um 1 Milliarde US-Dollar höher als im Vorjahr, so der Anbieter.
Dem Ziel, bis Ende 2024 jährliche Einsparungen in Höhe von 2 Milliarden Dollar zu erzielen, sei IBM jetzt schon sei einen Schritt voraus.