Cloud-Einsatz 2023 - Mehrheit setzt auf Cloud First
Wo stehen deutsche Unternehmen bei ihrer Strategie und Nutzung von Cloudlösungen? Dieser Frage ist KPMG mit ihrem Cloud Computing Monitor 2023 nachgegangen.
Jubiläum bei KPMG: Seit 2012 ist das Thema Cloud der Wirtschaftsberatungs- und -Prüfungsgesellschaft bereits Thema, also deutlich länger als bei den meisten Firmen hierzulande. Die jährliche Erhebung "Cloud Computing Monitor" erscheint bereits zum zehnten Mal.
Für die aktuelle Ausgabe hat KPMG 518 deutsche Unternehmen ab einer Betriebsgröße von 50 Beschäftigten befragt, die Obergrenze war offen. Die Antworten kamen vor allem aus den Abteilungen Engineering, DevOps beziehungsweise IT/OT-Operations, Finanzen, Einkauf sowie von Mitgliedern der Geschäftsführung - und die Ergebnisse sind laut Aussage der Marktforscher statistisch belastbar.
Demnach setzen aktuell 97 Prozent der deutschen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern auf Cloud-Lösungen der einen oder anderen Art. Der Cloud-First-Ansatz wird langsam zur Norm. Derzeit verfolgen ihn 57 Prozent, bei 16 Prozent heißt die Strategie Cloud-Only. Ihr Anteil hat sich laut KPMG im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Der Anteil derer, die weiterhin nur auf Private Clouds setzen, liegt aktuell bei 14 Prozent. Hybrid-Modelle haben sich durchgesetzt und Unternehmen, die 2023 keine Cloud-Transformationsstrategie verfolgen, sind die statistische Ausnahme - was angesichts der Befragungszielgruppe und Ergebnisgewichtung nicht sonderlich überraschend ist.
Public Cloud: Wachsende Nutzung trotz Schwierigkeiten
Im vergangenen Jahr hatten über die Hälfte der Public-Cloud-Nutzenden erhebliche Schwierigkeiten, ihre interne IT-Infrastruktur für die Cloud-Integration anzupassen. Inzwischen hat sich dieser Wert immerhin etwas verbessert.
Nach wie vor besonders schwierig ist für 35 Prozent der Befragten die Umsetzung von Security-Anforderungen, wobei sich die aktuelle Lage auch hier etwas besser darstellt als im Vorjahr.
Weiterhin komplex bleibt die Integration von Public-Cloud-Lösungen in die bestehende IT-Infrastruktur. Um Daten und Anwendungen aus den firmeneigenen Systemen in die Cloud zu migrieren, sind Umstrukturierungen und Anpassungen erforderlich, die jedem zweiten Unternehmen Probleme bereiten.
Bei 43 Prozent der Befragten hat die Cloud-Integration herausfordernde Prozessänderungen angestoßen, zumal die Unternehmen häufig neue Richtlinien, Rollen und Verfahren implementieren müssen.
Auch bei der Automatisierung ist längst noch nicht alles Gold: "In der Praxis sind häufig noch manuelle Bereitstellungsmodelle im Einsatz - ein IT-Entwickler kann dann beispielsweise nicht per Self-Service aus einem Marktplatz seine gewünschten Umgebungen per Knopfdruck auswählen, sondern durchläuft die manuellen Schritte eines (typischerweise langsamen) Bereitstellungsprozesses", berichtet Daniel Wagenknecht, KPMG-Partner.
Ein erstaunliches Ergebnis der aktuellen KPMG-Untersuchung: Automatisierte Self-Services für die Bereitstellung gibt es aktuell lediglich bei 29 Prozent der befragten Public Cloud-Nutzer. 69 Prozent der Unternehmen stellen die Cloud-Umgebungen manuell bereit.
"Notwendige Voraussetzung für die Automatisierung ist eine hohe Standardisierung, also zum Beispiel vordefinierte Landing Zones, aus denen die Produktteams in Abhängigkeit vom Anwendungsfall (zum Beispiel Public Access, Sandbox) auswählen können."
Kombiniert mit einer agilen Arbeitsweise wie DevSecOps und der Etablierung einer "Fail-Fast-Mentalität" könne sich die Geschwindigkeit, welche die Public-Cloud mit sich bringt, aber sehr positiv auf die grundsätzliche Agilisierung der Unternehmen auswirken, so der Spezialist für Financial Services Wagenknecht.
Kaum Plus für Produktivanwendungen
Vor allem Großunternehmen mit +5.000 Beschäftigten, die zu den 28 Prozent gehören, die auf die Public-Cloud setzen, beziehen etwa die Hälfte ihrer der produktiven Anwendungen aus der Cloud. Das Bild könnte sich jedoch bald ändern. Denn unabhängig von ihrer Betriebsgröße geben 64 Prozent der Befragten an, laut Plan innerhalb der nächsten drei Jahre mehr als die Hälfte ihrer Produktivanwendungen in Public Clouds zu verlagern. Und so könnte auch der Anteil von Unternehmen "in denen mehr als neun von zehn produktiven Anwendungen cloudbasiert sind, bis zum Jahr 2026 immerhin von einem auf sieben Prozent steigen.
Dauerbrenner Sicherheit
Security steht auf der diesjährigen Liste der Beweggründe beziehungsweise Strategien ganz oben, wie die nebenstehende Grafik zeigt.
Die Cloud-Nutzung soll nicht nur als solche sicher sein, sondern dazu auch die allgeneine IT-Security der Unternehmen steigern. Das geben s echs von zehn Befragten an. Allerdings scheint noch nicht allen klar zu sein, dass Sicherheit ohne eine Arbeitsteilung zwischen dem Kunden und dem Provider nicht machbar ist.
" Trotz der Sicherheitsvorteile von Cloud-Infrastrukturen müssen Unternehmen dennoch selbstständig Schutzmaßnahmen ergreifen, um sich vor Sicherheitsvorfällen zu schützen", mahnt Markus Limbach, Partner und Cybersecurity-Spezialist bei der KPMG.
"Die Nutzung von Public-Clouds erfordert Maßnahmen wie den Einsatz von Verschlüssellungstechnologien, den starken Schutz von Identitäten und Zugriffsrechten sowie die Umsetzung von DevSecOps-Methoden. Als positiv hervorzuheben ist, dass Cloud-Infrastrukturen seltener von Ransomware-Angriffen betroffen sind als On-Premise-Infrastrukturen. Das beobachten wir vielfach bei betroffenen Klienten im Rahmen von Cyber-Incident-Recovery-Projekten. Trotzdem sollten Unternehmen präventive Schutzmaßnahmen ergreifen und den Trend hin zu DevSecOps- und Zero-Trust-Ansätzen verfolgen, um die bestmögliche Sicherheit ihrer Cloud-Infrastrukturen zu gewährleisten", rät Limbach.
Laut des Cloud Computing Monitor 2023 nutzen 65 Prozent der Unternehmen On-Premise-Lösungen von Drittanbietern, um ihre Daten vor der Übertragung
in die Public-Cloud zu verschlüsseln. 59 Prozent nutzen zusätzlich oder stattdessen die Cloud-native-Verschlüsselung ihrer Provider. Die meistgenutzten Cloud-Security-Services sind mit 58 Prozent der Identitätsschutz und Zugriffsrechteüberprüfung.
Kostenmanagement als Herausforderung
Einsparungen gegenüber On-Premise-Lösungen sind bei der Cloudnutzung auch 2023 keine Selbstverständlichkeit. So geben 79 Prozent der Unternehmen an, die ausschließlich Public-Clouds nutzen, ihre IT-Kosten, 26 Prozent erzielten sehr große Kosteneinsparungen, in 53 Prozent der Unternehmen fielen sie "eher groß" aus, so die KPMG-Untersuchung. Bei Nutzern von hybriden Cloud-Modellen waren die Spareffekte deutlich geringer: Zwar gaben 68 Prozent an, geringere Kosten zu erzielen, doch nur 8 Prozent nannten "sehr große" Einsparungen.
„Die Kosteneinsparungen durch Cloud-Nutzung sind zudem abhängig von der Unternehmensgröße. 76 Prozent der Großunternehmen mit 5.000 und mehr Beschäftigten haben aufgrund der Cloud-Nutzung geringere IT-Kosten. Von den Unternehmen mit 250 bis unter 5.000 Beschäftigten konnten 66 Prozent Kosten einsparen, bei den mittleren Unternehmen (50 bis unter 250 Beschäftigte) waren es 69 Prozent" schreibt der Cloud Computing Monitor 2023.
Demnach gibt es bei der Kostenoptimierung noch viel Luft nach oben, denn viele der Unternehmen verfügen (noch) nicht über ausreichende Reife beim "Cloud Financial Management" und haben keine gut funktionieren, übergreifenden Teams.
Oder wie es Gernot Gutjahr, Head of CIO Advisory bei KMPG Deutschland, formuliert: "Die besten FinOps-Teams verfügen über ein breites Spektrum an technischen, betriebs-wirtschaftlichen und prädiktiven Analysefähigkeiten, um Multi-Cloud-Strategien, Multi-Cloud-Sourcing und Multi-Cloud-Nutzung kontinuierlich zu optimieren."