Kranker Mann in Europa, Deutschland? Materna beweist das Gegenteil
Während andere IT- und Softwarehäuser vorsichtiger geworden sind, scheint es bei Materna keine Konjunktursorgen zu geben. Gerade wurde der 4.000 Mitarbeiter eingestellt, 500 waren es schon seit Jahresbeginn, 200 fehlen noch bis zur Rekordmarke 2023. CEO Wibbe und seine "Vision 2025".
Verhaltene Investitionsstimmung bei Kunden in Deutschland: neue Clients oder Server werden vorerst nicht angeschafft, IT-Projekte verschoben, Wirtschaftswachstum nicht in Sicht. Schon ist wieder die Rede von kranken, alten Mann Deutschland, Europas Schlusslicht beim Wachstum. Viele IT-Dienstleister spüren die Verunsicherung ihrer Kunden beim Auftragseingang, überarbeiten ihre Einstellungsstrategie, mit der Folge, dass erst einmal nur allernotwendigste freie gewordene Stellen nachbesetzt werden. Ausnahme: Materna. Also ob die Wirtschaftskrise an den Dortmundern abprallt, hält CEO Martin Wibbe unbeirrt am Personalaufbau fest. Und an seiner "Mission 2025".
Die sieht vor, dass die Materna-Gruppe 2025 einen Umsatz von 700 Mio. Euro schreiben und 5.000 Mitarbeiter beschäftigten wird. "Mit voraussichtlich 4.200 Mitarbeitenden, die wir bis Jahresende haben werden, liegen wir voll auf Kurs", sagt Wibbe. Soeben hat er und Personalleiter Martin Brochhaus den 4.000 Angestellten begrüßt. Der Zufall wollte es, dass es Software-Entwickler Lars Weiler ist. Einer er 700 neuen Mitarbeiter, die Materna insgesamt in diesem Jahr einstellen will. 500 sind schon an Bord, allein im August waren es 100, soviel wie in keinem Monat davor. Auf 4.200 Mitarbeiter will Materna 2023 kommen, es wäre ein Einstellungsrekord. 500 neue Mitarbeiter waren es letztes Jahr.
"Wir investieren massiv in den Aufbau und die Weiterbildung von Mitarbeitenden und schaffen mit unserem Neubau auf dem Dortmunder Technologie- und Dienstleistungsstandort Phoenix West ein topmodernes Arbeitsumfeld für insgesamt 1.800 Beschäftigte. Unser sehr erfolgreicher Personalaufbau zeigt, dass sich die Maßnahmen auszahlen", so Wibbe. Für den IT-Dienstleister ist schnelles und kontinuierliches Beschäftigtenwachstum eine wichtige Voraussetzung, um seine ambitionierten Umsatzziele zu erreichen.
Materna schaffe ein abwechslungsreiches Arbeitsumfeld, ist sich HR-Chef Brochhaus sicher. "Berufserfahrene entscheiden sich für uns, weil sie bei uns in anspruchsvollen Projekten bei namhaften Kunden arbeiten können. Materna legt großen Wert auf technologisch und qualitativ hochwertige Ergebnisse - genau das ist vielen IT-Profis sehr wichtig", so Brochhaus.
Uni-Abgänger wiederrum will es Materna leicht machen, im Berufsleben Fuß zu fassen. Traineeprogramme würden den Einstieg in die Praxis erleichtern. Materna legt Wert auf Kommunikations- und Teamfähigkeit, Mitarbeitende führen die Neuen an verantwortliches Arbeiten heran. Zudem ermöglicht Materna potenziellen neuen Beschäftigten schon früh den Einstieg in die IT-Branche. So können Studierende bereits neben dem Studium Einblicke in das Berufsleben gewinnen. "Das ist eine gute Möglichkeit, im Studium gutes Geld zu verdienen und einen guten Einstieg in den Beruf zu finden", sagt Brochhaus.
Noch ein Vorteil: Materna ist ein in Familienbesitz geführtes Traditionsunternehmen. Als Spin-Off der TU Dortmund gründeten Winfried Materna und Helmut an de Meulen 1980 das Zwei-Mann-IT-Unternehmen. In den Büros wurde noch auf Schreibmaschinen geschrieben, statt E-Mails ratterten Lochstreifen durch Telex-Maschinen, so groß wie zwei Waschmaschinen. Noch heute halten Winfried Materna und Helmut an de Meulen das Unternehmen vollständig in Besitz. Während Hersteller in den USA dem Druck des Kapitalmarkts nachgeben und Mitarbeiter in Wellen entlassen - die sie nach einem Jahr wieder zurückholen, wie soeben Salesforce bekannt gab - setzt der IT-Dienstleister in seinen weltweit über 40 Standorten auf Kontinuität.
Materne ist in seinem 43. Jahr des Bestehens alles andere als ein Sanierungsfall im aktuell viel gescholtenen Land des kranken Mannes in Europa.