Spotlight auf die Benelux-Staaten
In den letzten Monaten haben mehrere Unternehmen gegenüber CRN erklärt, dass sie Schwierigkeiten dabei haben, in den Benelux-Ländern Fuß zu fassen. Wir haben daher mit einigen der besten Partner der Region sowie mit einem britischen Neueinsteiger gesprochen, um herauszufinden, was ihrer Meinung nach gut und weniger gut funktioniert.
Auf einen Blick:
- Eine Aufschlüsselung der Besonderheiten und Geschäftserwartungen der einzelnen Benelux-Länder
- Lokale Akteure geben ihre ehrliche Einschätzung zu den Auswirkungen des Brexit ab
- Wie die Benelux-Länder als Startrampe für Frankreich und Deutschland genutzt werden können
"Internationale Anbieter haben es schwer, in Europa Fuß zu fassen… Sie können ihr Marketingmaterial oder sogar ihre Verkaufsargumente hier nicht einfach nach dem "copy and paste" Prinzip verwenden. Mit dieser Strategie wären Sie praktisch zum Scheitern verurteilt!"
Das sind die unverblümten Worte von Frank Hoekstra, General Manager für die Benelux-Länder bei VAR Insight mit Sitz in den USA.
Aber trotz der Schwierigkeiten einiger Newcomer bei der Realisierung ihrer Geschäftspläne in den Benelux-Ländern, bleiben die Länder weiterhin ein attraktives Expansionsziel.
Ein Pull-Faktor hier sind die riesigen öffentlichen Ausschreibungen, die dank der Konzentration der europäischen Institutionen in Brüssel und Luxemburg konzentriert sind.
In der Privatwirtschaft können vor allem die Niederlande mit einer beeindruckenden Liste an Headquarters großer europäischer Unternehmen aufwarten: WeTransfer, Office App, Interxion, ABN Amro und Philips, um nur einige davon zu nennen. Und vor dem Hintergrund der Brexit-Bedenken könnte sich diese Zahl noch erhöhen, falls weitere britische Unternehmen dem jüngsten Kauf von Misco Netherlands durch Computacenter folgen und mittels Übernahmen in die Benelux-Länder expandieren.
In Bezug auf den Marktwert prognostizierte der Tech-Analyst Technavio im Jahr 2015, dass die Region bis 2019 auf 51,8 Mrd. US-Dollar (€58,94 Mrd.) anwachsen wird; davon entfallen 58,52 Prozent auf die Niederlande, 24,03 Prozent auf Belgien und 17,47 Prozent auf Luxemburg.
Und sowohl für Anbieter als auch für Channel-Unternehmen bieten die Benelux-Staaten eine ideale Ausgangsbasis, um die viel größeren Nachbarmärkte Deutschland und Frankreich zu erobern.
In diesem ausführlichen Marktüberblick erfahren Sie, warum es für Neueinsteiger schwierig ist, in den Benelux-Staaten Fuß zu fassen, und welche Strategien sie stattdessen anwenden sollten.
'Eigentlich ist es nicht ein einziger Markt'
Das in Amsterdam ansässige Unternehmen Getronics ist mit einem Umsatz von 1,3 Milliarden Dollar eines der größten IT-Dienstleistungsunternehmen in der Region.
Die Chefin des Unternehmens für die Benelux-Länder, Irene Veldstra, räumte mit dem größten Irrtum auf, den internationale Unternehmen häufig begehen.
"Wenn man an die Benelux-Länder denkt, ist es alleinig die geografische Nähe der drei Länder, die den Namen ausmacht, aber das ist auch bereits schon alles was vergleichbar ist. Es handelt sich um drei völlig unterschiedliche Märkte, mit völlig unterschiedlichen Menschen, Kulturen und Geschäftspraktiken.
"Wenn ein Unternehmen glaubt, es könne die Benelux-Länder auf eine Art und Weise angreifen, würde es mich nicht wundern, wenn das überhaupt nicht funktioniert."
Dieser Ansicht sind auch der Benelux-Chef des niederländischen VAR-Riesen BearingPoint, Eric Falque, und Hoekstra von Insight.
Die Niederlande - Kommen Sie auf den Punkt
"Der niederländische Markt ist ein reifer Markt, auch wenn er vor einigen Jahren stark gelitten hat, als viele niederländische Banken und Einzelhändler vor großen Herausforderungen standen. Dennoch ist der niederländische Markt schnelllebig und international", sagt Eric Falque von BearingPoint.
Trotz der internationalen Ausrichtung hält Falque lokale Führungslinien in den Niederlanden nach wie vor für wichtig.
"Führungspositionen müssen auf die lokalen Erwartungen zugeschnitten sein…Das ist entscheidend", sagte er. "Die Eintscheidung eine Einheits-Führungsrolle einzusetzen, ist ein großer Fehler. Meiner Meinung nach ist das der größte Fehler, den Neuankömmlinge begehen."
Diese Lektion hat kürzlich auch der CEO des britischen Distributors Distology gelernt.
Hayley Roberts gab offen zu, dass ihr Team sechs Monate nach der Expansion ihres Unternehmens mit Okta nach Holland umdenken musste.
"Man muss mit Annahmen vorsichtig sein. Ja, in den Niederlanden sprechen 90 Prozent der Menschen Englisch, da gibt es einige Ähnlichkeiten. Aber man kann nicht davon ausgehen, dass man den Markt aus dem Vereinigten Königreich heraus bedienen kann…Wir haben das versucht, und man hat uns geraten, dass wir unseren Ansatz ändern müssen", sagte sie.
"Wir haben wirklich auf die lokale Sichtweise gehört und uns wurde auch gesagt, dass wir tatsächlich einen niederländischen Sprecher für Demos und Pre-Sales-Engagements benötigen…Man muss Beziehungen von A bis B aufbauen und nicht von A bis Z."
"Nach sechs Monaten haben wir Fortschritte festgestellt. Es geht dabei nicht nur um ein besseres technisches Verständnis, sondern auch darum, die Kultur der Kunden zu berücksichtigen. Dieses Einfühlungsvermögen macht einen großen Unterschied und hat uns bei unseren Aktivitäten auf diesem Markt sehr geholfen.."
Roberts fügte hinzu, dass es sich lohnt zu prüfen, ob der Zielmarkt bereit für die Einführung neuer Technologien ist, bevor man vorschnelle Entscheidungen trifft, insbesondere wenn man im Bereich der aufstrebenden Technologie tätig ist.
"Ich denke, dass die Akzeptanz der Cloud in Europa generell noch zunimmt. Wenn es also um einige der neueren, bahnbrechenden Technologien geht, werden einige der größeren Unternehmen diese aufgreifen, andere aber vielleicht nicht", sagte sie.
"Und ich denke, das ist der Punkt an dem man einfach das niederländische Wissen und die Vertretung im Land benötigt, um besser überzeugen zu können."
Im Hinblick auf das Management sagte Veldstra von Getronics, dass man darauf vorbereitet sein muss, möglicherweise mehr als in der Vergangenheit herausgefordert zu werden.
"Es gibt eine sehr direkte Kultur und eine sehr direkte Art der Kommunikation", ergänzte sie. "Außerdem gibt es sehr flache Hierarchien; wenn Sie in den Niederlanden ein Manager sind und eine Entscheidung treffen, kann es durchaus passieren, dass sie ihr eigenes Team in einem persönlichen Gespräch darauf challenged... Ich denke, man muss sich bewusst sein, dass Menschen hier ganz unterschiedlich reagieren können und vor allem, wenn es um Entscheidungen oder Strategien geht, die man festlegt oder Verträge, die man verschickt. Das liegt ganz klar am kulturellen Background."
Belgien - Vertrauen und mehrsprachige Geschäfte
Während alle Führungskräfte darin übereinstimmten, dass Englisch die wichtigste Geschäftssprache in den Niederlanden ist, ist das Thema Sprache in Belgien deutlich komplizierter.
Da im Land Flämisch, Französisch und Deutsch gesprochen wird, erwarten viele Kunden, dass Unternehmen sie in ihrer Muttersprache ansprechen.
"Der belgische Markt ist eine größere Herausforderung", sagt Eric Falque von BearingPoint.
"Es gibt die wallonische und die flämische Region, die eigentlich zwei verschiedene Kulturen innerhalb desselben Landes sind. Und dann gibt es noch einen dritten Markt, nämlich die Europäische Kommission, die sich mit europäischen Themen befasst und nicht mit belgischen Themen.
"Man darf auch nicht vergessen, dass [die Europäische Kommission] Angebote aus ganz Europa annimmt, und die Kosten für Dienstleistungen einer britischen Firma können etwa höher sein als die einer griechischen Firma."
Getronics' Veldstra fügte hinzu, dass dies die Art und Weise verändere, wie Channel Unternehmen miteinander umgehen.
"Das Geschäft mit Managed Services mit europäischen Institutionen schafft eine sehr interessante Dynamik mit anderen Akteuren. Man nimmt an sehr großen öffentlichen Ausschreibungen für sehr große Organisationen teil, die eine Vielzahl von Dienstleistungen für eine Vielzahl von Ländern umfassen. Daher muss man fast immer in einem zeitlich begrenzten Konsortium mit anderen Anbietern zusammenarbeiten", sagte sie.
"Manchmal führt man das Konsortium an, manchmal ist man ein Partner, oder man vergibt Unteraufträge. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man gleichzeitig Konkurrent, Partner, Kunde und Lieferant des anderen ist. Das ist etwas sehr Spezifisches für Belgien."
Kulturell gesehen waren sich alle Führungskräfte einig, dass das Geschäftstempo in allen belgischen Regionen deutlich langsamer ist als in den Niederlanden.
Hoekstra von Insight fügte hinzu, dass sogar er als Niederländer seinen Geschäftsstil ändern muss, wenn er mit belgischen Führungskräften zusammentrifft.
"Wir Niederländer sind eher für unsere Direktheit oder Unverblümtheit bekannt. Nachdem ich eine Minute lang eine Tasse Kaffee getrunken habe, sage ich es schwarz auf weiß und komme direkt zur Sache. Ich möchte Zahlen und Fakten sehen und dann zu einer Einigung kommen", sagte er.
"In Belgien kann es durchaus ein paar Treffen dauern, bevor man überhaupt über Fakten und Zahlen spricht. Hier sind Fragen wie ‘Vertraue ich Ihnen auf einer persönlichen Ebene? Sind Sie die Art von Person oder Unternehmen, mit der ich Geschäfte machen möchte?‘ von großer Bedeutung.
"In meiner belgischen Organisation müssen wir die verschiedenen Sprachmärkte aufgrund ihrer kulturellen Unterschiede unterschiedlich angehen."
Ein weiterer Ansatz, den Hoekstra empfiehlt, ist die Zentralisierung der Back-of-House-Geschäftsabläufe.
"Ihr Go-to-Market muss nach Ländern und Regionen innerhalb der Länder organisiert werden. Unterstützende Funktionen wie Personal- oder Finanzwesen haben jedoch den Vorteil, dass sie zusammengelegt werden können, da das Benelux-Gebiet klein ist. Unterstützende Funktionen effizient gemanaged werden."
Im Allgemeinen sagte Falque von BearingPoint, dass Belgiens "besonders hohe Internetnutzung - mehr als in vielen anderen europäischen Ländern" bedeutet, dass e-Commerce dort weiter entwickelt ist als in den anderen Benelux-Märkten.
Er fügte hinzu: "Unternehmen wie SAP und Salesforce sind in Belgien ebenfalls sehr erfolgreich. Vor allem in Anbetracht der Größe Belgiens halte ich ihren Erfolg für sehr bedeutsam."
Welchseln Sie auf Seite zwei, um herauszufinden, wie Benelux-Unternehmen mit der neuen internationalen Konkurrenz umgehen
Spotlight auf die Benelux-Staaten
In den letzten Monaten haben mehrere Unternehmen gegenüber CRN erklärt, dass sie Schwierigkeiten dabei haben, in den Benelux-Ländern Fuß zu fassen. Wir haben daher mit einigen der besten Partner der Region sowie mit einem britischen Neueinsteiger gesprochen, um herauszufinden, was ihrer Meinung nach gut und weniger gut funktioniert.
Luxemburg - Europas nächster ICT-Hub?
Im kleinsten der Benelux-Länder beschrieb Irene Veldstra von Getronics den Luxemburger Markt als offen und international, wo Sprachanforderungen nicht so wichtig sind wie in Belgien. Mit anderen Worten, man kann dort einfacher auf Englisch Geschäfte abwickeln.
"Aber es ist eine Gesellschaft, die nach dem Motto "wer kennt wen" funktioniert. Man muss Beziehungen aufbauen, um auf diesem Markt Fuß zu fassen", sagte sie.
"Es ist nicht hilfreich, wenn man mit einem etablierten Unternehmen, zum Beispiel aus den USA, nach Luxemburg kommt und erwartet, dass man seine Geschäfte auf dieselbe Weise abwickeln kann, indem man einfach einen etablierten Namen nutzt. Die Bereitschaft von Partnern und Kunden, sich auf einen einzulassen, muss man sich verdienen."
Das Luxemburger Geschäft von Insight wird jedoch von Belgien aus gesteuert.
"Aus der Perspektive des Geschäftsumfangs muss man wirklich eine kritische Masse haben, um dort ein Büro zu eröffnen. Die meisten Unternehmen, so auch wir, sehen im Moment keine ausreichende kritische Masse, um einen Sitz vor Ort zu gründen."
"Andererseits machen die Kunden jedoch gerne Geschäfte vor Ort. Daher haben wir Insight-Leute im Team, die auch tatsächlich in Luxemburg leben."
Ein Anreiz für viele Firmen in Luxemburg zu investieren, könnte durchaus sein Status als "Steueroase" sein.
Der Körperschaftssteuersatz liegt bei 21 Prozent, und Luxemburg erhebt von ausländischen Unternehmen einen extrem niedrigen Steuersatz von nur einem Prozent, um Geld ins Land und aus dem Land zu bewegen.
Veldstra sagte, dass dies dazu beiträgt, dass sich das Land als "Europas nächster ICT-Hub" positioniert.
Wie in Belgien sind auch in Luxemburg europäische Institutionen ansässig, darunter die Europäische Investitionsbank und das EU-Parlament.
Ein Sprungbrett nach Deutschland und Frankreich
Einer der wichtigsten Vorteile einer Geschäftstätigkeit in den Benelux-Ländern war schon immer der einfache Zugang zu den Nachbarländern Deutschland und Frankreich.
Der Benelux-Chef von BearingPoint ist nicht überrascht, dass einige internationale Unternehmen die Benelux-Länder als Ausgangspunkt für ihre Expansion in andere Länder nutzen, und bezeichnet dies als "eine kluge Strategie".
"Sehen Sie sich die Verbindungen an. In Luxemburg gibt es aus Sicht der Banken viel mehr Verbindungen zwischen Frankreich und Deutschland - Frankfurt und Paris - als mit Belgien. Die wichtigsten Kunden sind die Deutschen Banken und die BNPs dieser Welt, nicht die belgischen Banken", sagte er.
"Belgien wird als ein Tor zu Europa und als ein guter Testmarkt wahrgenommen... Es gibt genauso viele Gemeinsamkeiten zwischen Belgien und Holland wie zwischen Belgien und Frankreich. In geschäftlicher Hinsicht ist Amsterdam so nah an Düsseldorf wie an Brüssel."
Viele Führungskräfte betonten auch, dass insbesondere die Niederlande aufgrund ihrer Reife als internationaler Markt, der weiten Verbreitung der englischen Sprache und der Dichte an großen internationalen Unternehmen eine sichere Wahl für diese Art von Strategie seien.
Schließlich…Das B-Wort
Internationale Unternehmen scheinen die Niederlande als ‘Hedging-Basis" in Europa zu nutzen, da die Unsicherheit über den Brexit immer weiter zunimmt.
Im Vorjahr (2018) kündigten sowohl Sony als auch Panasonic an, dass sie ihren europäischen Hauptsitz von Großbritannien in die Niederlande verlegen werden, um Zollprobleme zu vermeiden.
In der Tat behauptet die niederländische Regierung, dass bereits mehr als 250 Unternehmen wegen des Brexit bezüglich Hauptsitz-Verlegung in Kontakt mit den Niederlanden getreten seien.
Allerdings lautete die Antwort in jedem Gespräch mit örtlichen Führungskräften: "Nein. Wir sehen nicht wirklich Auswirkungen."
Ähnlich wie der Channel im Vereinigte Königreich, scheint sich auch der Benelux-Channel im Unklaren darüber zu sein, welche Auswirkungen der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU genau haben wird.
Die Channel-Akteure in den Benelux-Ländern haben jedoch eine klare Meinung zum jüngsten Aufschlag des größten britischen Resellers in der Region.
Computacenter betrat den Markt im September mit der Übernahme von Misco Solutions in den Niederlanden.
Das Unternehmen schloss sich damit Infotheek, SPIE und Gfi Informatique an, die bereits in den Monaten jeweils Benelux-Reseller mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Euro aufgekauft haben - Scholten Awater, Centralpoint, Systemat und Realdolmen.
"Natürlich wird dies die Dynamik verändern…Es handelt sich um eine große Akquisition, so dass sie sich selbst auf dem Markt in einem erweiterten Maßstab positioniert haben", sagte Irene Veldstra.
"In den Niederlanden gibt es keine Feindseligkeit gegenüber größeren Unternehmen, die den Markt betreten. Es wird allgemein als eine willkommene Entwicklung angesehen, wenn größere Unternehmen in den Wirtschaftsraum investieren."
"Wir freuen uns, mehr davon zu sehen."