"Künstliche Intelligenz ist ein absolutes Beratungsthema"
Es ist nicht nur die Marketingmaschinerie der Distribution, die bei Copilot von Microsoft auf Hochtouren läuft. Ein typisches Lizenzschieben ist diese KI-Geschäft nämlich nicht. Eher ein hochaktuelles Produkt, das viel lukrativere Geschäftsfelder für Partner erschließt. Welche? Heiko Lossau von ADN im CRN-Interview.
70 Prozent der deutschen Unternehmen sehen einer Umfrage des Bitkom zufolge großes Potential im Einsatz generativer KI-Lösungen. Copilot von Microsoft, seit November 2023 allgemein verfügbar, ist das zentrale KI-Tool des Konzerns, das Microsoft bald in alle seine Lösungen integrieren wird (siehe CRN-Auswahl: Die 10 coolsten Microsoft Copilot-Angebote). Distributoren haben schon vor Monaten mit der Vermarktung begonnen: Also, Arrow, TD Synnex und viele andere. Der bislang größte Einzeldeal für Microsoft Copilot stammt von Bechtle: mit 5.000 Lizenzen für die eigenen Mitarbeiter. Der Vertrieb sollen verstehen, welches Potenzial möglich ist.
Doch was kommt im Channel vom Hype um Künstliche Intelligenz in der Breite bereits an? Wir sprachen mit Heiko Lossau, Head of Business Unit Microsoft und Cloud Marketplace beim Value Added Distributor ADN, wie sich die Vorteile des intelligenten Assistenten Copilot für Microsoft 365 in lukrative Geschäftsmodelle übersetzen lassen.
CRN: Herr Lossau, wie entwickelt sich das Business im Channel, rund ein halbes nach der allgemeinen Verfügbarkeit von Microsoft Copilot?
Heiko Lossau: Wir stehen am Anfang. Copilot, seit Mitte Januar 2024 in allen M365-Plänen buchbar, wird zweifelsohne zum festen Bestandteil des Arbeitsalltags werden. Doch dafür müssen Distribution und Partner die Weichen stellen: Die Nachfrage kommt nicht über Nacht und Partner müssen mit einem längeren Prozess der Akzeptanz rechnen. Vor allem der Mittelstand wird sich nur mit guten Argumenten davon überzeugen lassen, die Zusatzkosten der Copilot-Lizenzen für viele oder gar alle Mitarbeiter zu tragen. Daher brauchen Partner auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Lösungsszenarien, die den Mehrwert von Copilot für verschiedene Abteilungen und Bereiche überzeugend demonstrieren. Was hat die Personalabteilung davon, was der Vertrieb oder das Marketing? Vor allem aber dürfen sie die Kunden mit der Implementierung und Nutzung nicht allein lassen. Trial-and-Error ist hier nicht der richtige Weg. Es reicht nicht, Lizenzen zu verkaufen, Workshops und Trainings sind unverzichtbare Zusatzangebote, um die Vorteile generativer KI im Arbeitsalltag schnell und flächendeckend in die Unternehmen zu tragen.
Was bietet Microsoft über das Produkt hinaus an?
Lossau: Microsoft bietet über das fertige Produkt Copilot auf Azure eine ganze Reihe von KI-Services an, die ISVs in ihre Lösungen integrieren können. Das erweitert das Einsatzspektrum generativer KI erheblich. Intelligente Funktionen werden zukünftig in Unternehmensanwendungen wie Dokumenten-Management-Systemen (DMS), Enterprise Resource Planning (ERP) oder Customer Relationship Management (CRM) zur Verfügung stehen. Dafür unterstützt ADN zusammen mit einem Netzwerk an hochspezialisierten Partnern ISVs unter anderem mit Workshops online und vor Ort.
Nur Copilot-Lizenzen zu verkaufen wird also nicht funktionieren. Was ist mit IT-Sicherheit, Datenschutz, aber auch interne Maßnahmen wie Zugriffsrechte auf Daten?
Lossau: Als Trusted Advisor ihrer Kunden müssen Partner selbstverständlich die Risiken im Blick haben, die durch generative KI entstehen können. Der unbedachte und unregulierte Umgang mit KI-Tools kann erhebliche Sicherheitsprobleme und rechtliche Folgen nach sich ziehen. Das zeigen Beispiele deutlich, bei denen ChatGPT sensible Daten ausplauderte. Es wäre daher fahrlässig, Copilot zu implementieren, ohne zuvor die IT-Security des Kunden entsprechend zu befähigen. Themen wie Data Loss Prevention (DLP), Datenschutz und Datensicherheit, Compliance und Rechtevergabe müssen geklärt sein und die dafür notwendigen Tools implementiert werden. Für Partner ergibt sich daraus nicht nur ein erhöhter Beratungsbedarf, sondern auch ein nicht zu unterschätzendes Potenzial an zusätzlichen Leistungen – von der Stärkung der Kundenbindung ganz abgesehen.
Copilot wird aktuell sehr gehypt, aber ein Selbstläufer ist diese KI doch nicht?
Lossau: Keinesfalls! Künstliche Intelligenz ist, noch mehr als Cloud, ein absolutes Beratungsthema. Es wäre fatal, einfach nur Lizenzen zu verkaufen und die Kunden mit der Implementierung und der Nutzung allein zu lassen. Hier können sich echte Partner von reinen Lizenzverkäufern differenzieren, langfristige Kundenbindungen aufbauen und Potenzial für zusätzliche Leistungen entwickeln.
Wo Sie von echten Partner sprechen: Wie wird man einer, wenn das Know-how beim durchaus komplexen KI-Einsatz fehlt?
Lossau: ADN unterstützt Partner typisch hands-on sowohl auf der vertrieblichen als auch auf der technischen Seite. Als führender Microsoft Indirect Provider im deutschen Markt bieten wir neben der klassischen Beratung durch unsere Kompetenzteams im Tages- und Projektgeschäft, diverse Webinar-Reihen und Vertriebs-Workshops - virtuell als auch in Präsenzformaten. Darüber hinaus gibt es bereits eine Reihe von technischen Trainings über die ADN-Akademie.
Heiko Lossau, Head of Business Unit Microsoft und Cloud Marketplace bei ADN: "Es wäre fahrlässig, Copilot zu implementieren, ohne zuvor die IT-Security des Kunden entsprechend zu befähigen."