Cisco-CEO Chuck Robbins über KI, Splunk, das Geschäft und die Welt
Im Interview mit CRN sprach der Cisco-CEO ausführlich über die Möglichkeiten für Partner in den Bereichen Sicherheit, Beobachtbarkeit und Collaboration – und natürlich über Künstliche Intelligenz und die Verpflichtung Ciscos für das Gemeinwohl.
Als Chef eines der größten Netzwerkunternehmen der Welt ist Chuck Robbins daran gewöhnt, mit vielen Bällen gleichzeitig zu jonglieren. Zumal Cisco in den letzten Jahren gewaltige Veränderungen durchlaufen hat.
Beispielsweise mit dem Vorhaben, Cisco Systems von einem hardwarezentrierten Hersteller in einen software- und dienstleistungsorientierten Technologieanbieter zu verwandeln. Dieser Plan scheint inzwischen aufzugehen: Laut der jüngsten Quartalsergebnisse ist der Gesamtumsatz von Cisco mit Software um 17 Prozent gestiegen, der Umsatz mit Software-Abos wuchs im Jahresvergleich um 20 Prozent und 85 Prozent aller Software-Verkäufe waren abonnementbasiert.
Die Bemühungen um den Wandel zahlen sich offensichtlich aus und so wird Cisco langsam auch zu einem der größten Software-Anbieter. Inzwischen punktet das Unternehmen aber auch mit seinen Sicherheitslösungen. Zwar war Cisco seit langem für sein Netzwerkportfolio bekannt, das bis vor eineinhalb Jahren jedoch aus punktuellen Lösungen bestand. Inzwischen regieren Plattformstrategie, ein einheitlicher Ansatz für das Sicherheitsmanagement und die Cisco Security Cloud.
Aber das ist nicht das Ende der Geschichte, denn zusätzlich zu den intensiven Anstrengungen bei KI, Nachhaltigkeit und der bevorstehenden Übernahme von Splunk gibt es jetzt eine ganze Reihe neuer Prioritäten.
Während des Cisco Partner Summit 2023 setzte sich Robbins mit CRN hin, um über Themen wie Sicherheit, Full Stack Observability, und die Möglichkeiten für Partner im Bereich KI zu sprechen. Und natürlich darüber, was Ciscos bisher größte Akquisition, die bevorstehende Übernahme von Splunk für 28 Milliarden Dollar, für das Unternehmen und die Partner bedeuten wird.
Im Folgenden einige Auszüge aus dem Interview.
CRN: Während Ihrer Keynote sagten Sie, dass 95 Prozent der Unternehmen eine KI-Strategie wollen, aber nur 14 Prozent fühlen sich dafür bereit. Was können Partner tun, um dieses Gefühl zu nutzen?
Robbins: Zunächst einmal finde die Einschätzung unserer Kunden auch angesichts des Stands der Technologie ganz natürlich. Und ich glaube, dass sich daraus eine riesige Chance für Partner ergibt - um die Kunden zu beraten und ihnen zu vermitteln, wie sie KI nutzen können, um ihre Abläufe effizienter zu gestalten und effektiver mit ihren Kunden zu kommunizieren. Wie sieht die zugrundeliegende Infrastruktur aus, die erforderlich ist, um Inferenzmodelle zu erstellen oder Erkenntnisse aus verschiedenen KI-Modellen zu gewinnen? Welche Auswirkungen hat das auf die Sicherheit? Was sind die Dinge, über die man ernsthaft nachdenken muss? Für Partner sind all diese Fragen breitegefächerte Möglichkeiten, und die werden sich meiner Meinung nach weiter entwickeln. Im Lauf des kommenden Jahres werden wir mehr und mehr darüber erfahren, wie genau die Geschäftschancen aussehen.
Wie wird die bevorstehende Übernahme von Splunk Cisco dabei helfen, seine Pläne für KI-gestützte Sicherheit und Beobachtbarkeit zu verdoppeln?
Die XDR-Plattform wird immer mehr KI und maschinelles Lernen enthalten, um Bedrohungen für Kunden schneller zu korrelieren. Vom Wechsel von Erkennung und Reaktion zu Vorhersage und Prävention haben wir ja schon gesprochen. Splunk ist eine riesige Datenplattform, die viele Erkenntnisse aus verschiedenen Bedrohungsquellen, Protokollen und Ereignissen aufgenommen hat. Wenn man das mit der XDR-Plattform kombiniert, die KI einsetzt, werden wir in der Lage sein, unseren Kunden die schnellsten Erkenntnisse darüber zu liefern, was mit ihrer Sicherheit und in ihrer Infrastruktur gerade passiert. Das halte ich für einen großen Vorteil...
Glauben Sie, dass Cisco mit Splunk konkurrenzstärker wird und im Sicherheitsbereich noch mehr Kunden-Awareness gewinnen kann?
Aber ganz sicher. Diese Woche haben mir mehrere Partner Folgendes gesagt: Wenn man sich die Innovationen anschaut, die wir in den letzten neun Monaten geliefert haben, und diese mit der Splunk-Plattform kombiniert, wird unsere Plattform noch besser und dann können sie wirklich differenzierte Lösungen anbieten. Das Wichtigste aber ist, dass unsere Kunden das Ganze brauchen. Wir reden über die Wettbewerbsdifferenzierung und all diese Dinge, aber die Realität ist, dass die Kunden ernsthaft zu kämpfen haben, mit den Datenmengen und der Anzahl der Anbieter.
Einige unserer größten Kunden sagen mir schon seit zwei, drei Jahren: "Ich kann nicht noch mehr Leute darauf ansetzen. Das geht einfach nicht. Und ich kann all diese Informationen nicht schnell genug korrelieren, ich brauche eine Plattform ". Es ist also wirklich wichtig, dass die Branche sich darauf einigt, dass und wie wir die Bedrohungsdaten in verschiedene Plattformen einspeisen. Und ich denke, dass wir dabei mit XDR einen der großen Durchbrüche hatten. Auch wenn wir noch einen weiten Weg vor uns haben, um mehr und mehr Datenquellen einzubinden - es war großartig zu sehen, dass sogar einige unserer Konkurrenten anerkannt haben, dass dies gut für die Branche und die Kunden ist. Splunk hat bereits einen großen Vorsprung bei der Aufnahme all dieser Daten, und wir glauben, dass das gut für alle ist.
Versuchen Sie mit der Cisco Security Cloud, der Networking Cloud und jetzt mit der Cisco Observability Platform, eine Plattform-Geschichte über die gesamte Produktlinie zu erzählen?
Das ist ein großer Schritt für uns. Wir haben die Networking Cloud, wir haben die Security Cloud, wir haben praktisch eine Observability Cloud. Letztlich werden wir diese Produkte mit einer einzigen Schnittstelle und einer einzigen Funktion zusammenführen. Die erste Iteration der Networking Cloud ist ein einfach zu navigierender Single-Sign-On-Zugang zu den Plattformen, die es heute gibt, und die werden wir im Laufe der Zeit weiter konsolidieren, so dass es immer einfacher wird und unsere Kunden die Möglichkeit haben werden, viele Einblicke zu bekommen und ihre Infrastruktur wirklich ganzheitlich zu betrachten.
Wie wichtig sind Partner für die Ciscos Vision von der vollständigen Beobachtbarkeit?
Sie sind unglaublich wichtig, denn wenn man bedenkt, was die Kunden heute mit ihren Anwendungen machen - ich sollte es vielleicht nicht sagen, aber ich habe in den 1980er Jahren selbst Code geschrieben, und eigentlich ist die grundlegende Architektur von Anwendungen nicht anders als damals. Aber statt vollständig integriert zu sein, zum Beispiel in einem IBM-Mainframe, sind all diese verschiedenen Module heute einfach über die Infrastruktur verteilt. Das bedeutet, dass die Sicherheit und die Anforderungen an die Beobachtbarkeit für die Kunden enorm wichtig sind. Sie haben ein API-Risiko, wo ist das Leistungsproblem? Was bringt meine Kunden dazu, ihren Einkauf abzubrechen, stimmt etwas in der Infrastruktur? Wo liegt das Problem, und wie komme ich möglichst schnell daran?
Ich denke, Liz [Centoni, EVP und GM of Applications und Chief Strategy Officer bei Cisco] und das Team haben mit AppDynamics großartige Arbeit geleistet und es wirklich nach vorne gebracht, ebenso wie die Integration mit Talos [Ciscos Threat Intelligence Team] und ThousandEyes. Und mit der Zeit werden Sie sehen, dass das eine große Rolle spielen wird, wenn Netzwerkeinblicke und die ThousandEyes-Einblicke und Catalyst und Meraki und all diese Dinge zusammenkommen. Wenn dann noch Splunk an Bord kommt, werden wir in der Lage sein, Probleme in Anwendungen zu erkennen und zu überwachen und das schneller als jeder andere. Natürlich müssen die Kunden verstehen, wie sie das Ganze nutzen und einführen können. Deshalb glaube ich, dass Partner schon heute damit anfangen sollten, denn hier liegt eine große Chance für sie. Die Anwendungsbeobachtung wird unserer Meinung nach einer der größten Bereiche, aber das wird noch einige Zeit brauchen. Es ist eine mehrjährige Reise für Kunden, ihre gesamte Anwendungsarchitektur neu zu gestalten.
Sprechen wir über Webex und die bevorstehenden Aktualisierungszyklen für Collaboration. Wie können Cisco und seine Partner Webex an mehr Kunden bringen?
Ich glaube, die Kunden haben erkannt, dass es mehrere Anwendungsfälle für Collaboration gibt. Selbst wenn wir nur über Meetings sprechen, haben sie mehrere Anwendungsfälle. Sie haben interne Mitarbeiter-zu-Mitarbeiter-Aufgaben, bei denen sie vielleicht sagen: "Wir können ein bestimmtes Tool verwenden, das ist vielleicht nicht so hochwertig, aber dafür funktioniert es". Aber wenn ich mit meinen Kunden oder Partnern zusammenarbeite, brauche ich vielleicht eine viel hochwertigere, sicherere Lösung mit mehr Funktionen. Wenn ich große Veranstaltungen durchführe, brauche ich eine ganz andere Plattform. Die Kunden beginnen zu erkennen, dass sie in manchen Fällen einfach mehrere Plattformen benötigen - sie brauchen zwei oder drei verschiedene Optionen.
Dank der Arbeit, die unsere Teams geleistet haben, konnten wir viele Wettbewerbsvorteile erzielen. Im Moment aber haben unsere Kunden so viel um die Ohren, dass es schwieriger ist, ihre Aufmerksamkeit auf etwas Neues zu lenken, weil sie ja sie mit etwas Funktionierendem arbeiten. Aber das wird sich ändern, sobald die Kunden den wahren Unterschied zwischen den verfügbaren Plattformen und Einsatzmöglichkeiten verstehen. Die Partner sollten also zumindest dafür sorgen, dass die Kunden darüber Bescheid wissen. Denn es kann ja sein, dass sie sich erst in sechs Monaten dazu entschließen, sich das Ganze noch einmal anzuschauen. Wir müssen die Kunden aufklären und dürfen nicht zulassen, dass sie weiterhin glauben, dass all diese Plattformen gleich sind. Denn das sind sie nun mal nicht.
Ich denke, Jeetu [Patel, VP und GM von Cisco für Sicherheit und Zusammenarbeit] und sein Team haben eine großartige strategische Entscheidung getroffen. Und was ich an Satya [Nadella, CEO von Microsoft] so schätze, ist, dass er auch für den Kunden das Beste und Richtige tun will. Er und ich haben schon früh über die Interoperabilität der Collaboration gesprochen. Die hatten wir bereits in gewissem Umfang mit Webex und anderen Programmen erreicht, aber die Arbeit, die sie jetzt geleistet haben, um eine native Integration von Teams in unsere Geräte zu schaffen, das war einfach fantastisch, und die Kunden wissen das wirklich zu schätzen.
Cisco hat viele auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Funktionen in seine Produkte integriert. Was sollten die Partner denn über die übergreifende Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens wissen?
Sie haben hier auf dem Partner Summit eine Art ersten Durchlauf gesehen, aber wir haben schon verschiedene Geschäftsbereiche und verschiedene Ingenieurteams daran arbeiten lassen, um sicherzustellen, dass wir die richtigen Erkenntnisse erhalten. Was Sie später sehen werden, ist eine übergreifende Strategie und eine übergreifende Plattform. Es ist also keineswegs so, dass die derzeitige Arbeit bestimmte Fähigkeiten in der Zukunft ausschließt, aber manchmal muss man die Teams eben so schnell vorankommen lassen, wie es die Architektur zulässt, und ich glaube, dass das gerade passiert. Die Kunden jedenfalls sind sehr angetan von der Arbeit, die hier geleistet wird.
37 Prozent der Emissionen stammen aus Gebäuden. Wenn ich also meine Gebäude, die Rechenzentren und die Technologie effizienter machen kann, dann gibt es in diesem Bereich eine Menge niedrig hängender Früchte. Und ehrlich gesagt, ist die Technologie - die Infrastruktur, die seit acht oder neun Jahren im Einsatz ist - nicht gerade ein Freund der Nachhaltigkeit. Wir haben immer versucht, einen geringeren Stromverbrauch und eine höhere Leistung zu erreichen, aber in den letzten drei bis fünf Jahren hat das eine ganz neue Priorität bekommen. Heute liegt der Schwerpunkt der Entwicklung auf der Energienutzung, bis hin zur Art und Weise, wie die Software geschrieben wird, um die CPU-Auslastung zu optimieren, was wiederum den Energieverbrauch senkt. Nehmen wir mal all die Schulsysteme auf der Meraki-Plattform, die den Energieverbrauch reduzieren, wenn sie nicht in Betrieb sind. Das sind grundlegende Anwendungsfälle, die wir überall implementieren können. In den nächsten 6, 12, 18, 24 Monaten werden wir sehen, dass sich das mehr und mehr durchsetzt. Unsere Teams haben eine Menge Fortschritte gemacht, auf die ich wirklich stolz bin.
Cisco hat sich in den letzten Jahren immer wieder zu Kriegen, Konflikten und Fragen der sozialen Gerechtigkeit geäußert. Warum ist es für Cisco so wichtig, über die Technologie hinauszugehen und Initiativen in gesellschaftlichen Bereichen zu unterstützen?
Unser Ziel ist es, eine integrative Zukunft für alle Menschen zu schaffen. Wenn Sie fragen würden, wie es kommt, dass sich Unternehmen überhaupt für Gemeinden und das Gemeinwohl einsetzen, wäre die Antwort dieselbe: Die Welt braucht heute Unternehmen, die sich kümmern! Wir müssen verantwortungsbewusst damit umgehen, wie wir die Technologie nutzen, und damit meine ich jedes einzelne Technologieunternehmen. Wir müssen über die gesellschaftlichen Auswirkungen unseres Tuns nachdenken. Und wenn man darüber hinaus über eine integrative Zukunft für alle nachdenkt, dann geht es ganz einfach darum, dass wir wollen, dass Menschen Chancen haben. Es gibt Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt, die noch keinen Internet-Anschluss haben. Wenn wir sie vernetzen, können wir sie ausbilden, einige Aspekte der Gesundheitsfürsorge bereitstellen, und in einigen Fällen können sie sogar ihre Arbeit an ihrem Aufenthaltsort erledigen, aus der Ferne. Wir sind also der Meinung, dass dies für alle gut ist und gut für die Gesellschaft. Und ich denke, dass viele der Probleme auf der Welt während der letzten 5 bis 8 Jahren darauf zurückzuführen sind, dass sich Menschen ausgeschlossen fühlen und das Gefühl bekommen, keine Chance zu haben - und in dem Maße, in dem wir dazu beitragen können, diese Kluft zu überbrücken, sollten wir das tun.