Fehler in Widerrufsbelehrung trifft Tesla
Verträge sind einzuhalten? Das war einmal. Auch kleinste Fehler bei der Widerrufsbelehrung im Fernabsatz mit Privatpersonen können zur Rückabwicklung eines Vertrags führen. Das erlebt gerade Tesla und könnte jeden Hersteller treffen.
Es hat schon Versicherungen und Banken getroffen, dass kleinste Formfehler in der Widerrufsbelehrung beim Fernabsatz (Internet oder Telefon) dazu führen, dass Privatkunden auch weit nach der Frist von 14 Tagen Kaufverträge kündigen können und auf einer Rückabwicklung bestehen. So konnten vor einigen Jahren Zehntausende Hypotheken-Kreditnehmer ihre Darlehen kündigen, die sie in Zeiten hoher Zinsen für 10 oder 15 Jahre festgeschrieben hatten, der Zinssatz aber im Laufe der Vertragszeit dann sogar unter 1 Prozent fiel. Fehler in den Widerrufsbelehrungen der Banken hatten dazu geführt, dass ein Widerruf noch Jahre nach dem Vertragsabschluss möglich war. Ein prima Geschäft für Rechtsanwälte. Denn ohne juristischen Beistand stellten sich die meisten Hypothekenbanken quer.
Pacta sunt survanda, der lateinische Spruch für Vertragstreue, gilt in einer zunehmend verrechtlichten Wirtschaft nicht mehr. Das bekommt gerade Tesla zu spüren, dessen Kunden ein Neufahrzeug über eine App kaufen können. Und sich ärgern, dass überraschende Preissenkungen für Neuwagen den Wert ihres gebrauchten Elektrowagens sinken lassen.
Jene, die bis zum 17. April 2023 einen Tesla kauften, erhielten eine Widerrufsbelehrung ohne Angabe einer Telefonnummer. Dadurch sei ihnen die Möglichkeit eines mündlichen Widerrufs verwehrt worden und sie könnten vom Kauf auch nach der gesetzlichen Frist binnen 14 Tagen nach Kauf zurücktreten und den kompletten Kaufpreis zurückverlangen, schreibt die Kanzlei Goldenstein. Und noch ein Zuckerl gäbe es: Den staatlichen Umweltbonus könnten sie behalten.
Der so verlängerte Widerruf müsse aber ein Jahr und 14 Tage nach Fahrzeugübergabe erfolgen, und einfach so wird Tesla die Rückgabe nicht akzeptieren. Es braucht schon einen Rechtsanwalt, der das Verfahren durchzieht und Teslas Forderung nach Wertersatz für das bereits genutzte Fahrzeug ablehnt.
Fazit: Alle Hersteller, die über Apps oder Internet Waren an Privatpersonen verkaufen oder andere Geschäfte wie Darlehen vermitteln, laufen beim kleinsten Formfehler Gefahr, in Regress genommen zu werden. Dafür werden allein Kanzleien sorgen, die sich auf Verbraucherrechte spezialisieren. Pacta sunt survanda? Die moralische Selbstverständlichkeit ist längst abhandengekommen - allerdings nicht nur bei Verbrauchern. Im Fall Tesla und sicher auch bei anderen Autohersteller stehen die Reichweitenangaben in der Kritik und beschäftigen schon Gerichte.