VMware-/Broadcom-Deal: Verunsicherung im Channel muss schnell gestoppt werden
Chinas Wettbewerbsbehörde gibt schließlich grünes Licht. Nun könnte Broadcom VMware so umbauen, wie es manche Partner befürchten. Der CRN-Kommentar.
Zuletzt hatte China die Übernahme von VMware durch Broadcom in die Länge gezogen, nun aber gibt auch die chinesische Wettbewerbsbehörde grünes Licht, so dass Broadcom alle regulatorischen Hürden überwunden hat. Davon unberührt hat man bei Broadcom in den letzten Monaten an der Geschäftsstrategie von VMware gefeilt.
Die Vorlage für diesen 61-Mrd.-Dollar-Deal und die Maßnahmen, die kommen werden, hat Broadcom längst in der Tasche. Zwar war das Volumen der vergangenen Übernahmen von CA Technologies und Symantec erheblich kleiner als jetzt. Das Muster dahinter - vor allem im Vertrieb - ist aber identisch und es könnte sich auch bei VMware wiederholen: Die Top-Kunden (Enterprise) werden direkt betreut. Um die Masse der anderen, kleineren Kunden kümmert sich der Channel, die internen Sales-Kapazitäten für das Channel-Management werden indes gestrafft. Broadcom wird versuchen, die Masse der Partner durch Distributoren betreuen zu lassen.
Arrow-Broadcom-Konstrukt als Muster auch für VMware?
Distributoren könnten folglich die großen Gewinner der Übernahme von VMware durch Broadcom sein. Möglicherweise aber auch nur einer von ihnen, wenn das "Broadcom-Arrow-Modell" greift. Broadcom hatte nämlich nach der Übernahme des Security-Riesen vielen Distributoren gekündigt und ist auf Exklusivdistribution umgestiegen. Hierzulande ist Arrow ECS der einzige VAD, der Symantec vertreibt. "Als exklusiver europäischer Aggregator für Cybersicherheit von Broadcom ist Arrow der einzige Vertriebshändler für das Symantec-Unternehmenssicherheitsportfolio für seinen europäischen KMU/SMB Kundenstamm (offiziell bekannt als "Commercial")", heißt es auf der Homepage.
Die Geschäfte dieses externen Vertiebsarms von Symantec, Arrow ECS, "laufen sehr gut", sagte Arrow-Deutschland-Chef Matthias von Bescherer in diesem Sommer gegenüber CRN. Zu Spekulationen hinsichtlich VMware hat er eine eigene Meinung. Sich öffentlich dazu zu äußern, ließ sich der Manager nicht hinreißen. Ist das Arrow-Broadcom-Konstrukt bei Symantec dennoch einen mögliche Vorlage, wie Broadcom künftig seine Distributionsstrategie für VMware organisieren will?
Nutanix-CEO Rajiv Ramaswamin kann da sehr offen sein: Auch bei VMware werde die Strategie wieder dieselbe sein wie bei Symantec, sagt er. Ramaswami war sowohl bei VMware als auch bei Broadcom in Führungspositionen tätig, bevor er 2020 die Leitung von Nutanix übernahm. Auf der "2023 XChange Best of Breed"-Konferenz der CRN in den USA Mitte Oktober sagte Nutanix-Chef Ramaswamin, er erwarte, dass Broadcom bei VMware auf einer Konzentration auf die Top-Kunden bestehe, "also auf 1.500 bis 2.000 Unternehmen", und sich die Firma auf eine "starke" Kostenoptimierung fokussieren werde.
Kein Wettbewerb in der Distribution, heißt vor allem für kleinere Partner: keine Preisdiskussion möglich und, womöglich noch gravierender: man ist zwingend von der Value-Qualität eines einzigen Grossisten abhängig. Exklusivität zwischen Hersteller und Distributor kann, muss freilich nicht zwangsläufig die Qualität der Partnerbetreuung verschlechtern. Was sie auf jedem Fall verhindert ist die Wahlmöglichkeit, wo sich Systemhäuser den besten Service holen und zum besten Preis beziehen.
Nun ist VMware mit seinem sehr komplexen Lizenzmodell nicht vergleichbar mit einem Symantec-Portfolio. Gut möglich, dass eine Exklusivpartnerschaft selbst die Kapazitäten eines exklusiven Broadliners sprengen würde. Allerdings ist die oberste Prämisse von Broadcom glasklar: Man will für Shareholder so viel Profit wie möglich herausholen und den Deal schnell refinanzieren. Das künftige Go-to-Market für VMware bietet dafür viele Gelegenheiten.
Übergang zur Wallstreet-Währung
Neben dem Umbau der Vertriebskanäle bietet traditionell das Lizenzmodell für einen Softwarehersteller den größten Hebel für mehr Profitabilität. Adobe hatte es vor viele Jahren vorgemacht, Microsoft ist auf dem Weg dahin: Umstellung von zeitlich befristen oder dauerhaft unbefristeten Lizenzen auf Abonnement-Bezug mit. Das ist eine Variante, um als Hersteller dauerhafte Einnahmen zu sichern. Auf diese Kennzahl vor allem schaut der Kapitalmarkt: ARP (Annual Recurring Revenue) ist die Wallstreet-Währung für alle Tech-Unternehmen.
Ein weiterer Hebel für Softwarehersteller wie VMware, die bei Virtualisierung den Markt einführen: Die auf Kernen der CPUs eines Hosts basierenden Lizenzen für VM-Maschinen so hochzuschrauben und unflexibel zu gestalten, dass die Preise explodieren. Davon berichten durchaus verzweifelte Partner und Endkunden auf Reddit. Weil sich die Broadcom-VMware-Übernahme so lange gezogen hat, hörte der Channel entsprechend auch wenig von VMware zu Fragen rund um die Lizenzierung.
Außer freilich, was Anfang dieses Monats VMware-CEO Raghu Raghuram auf der Hauptbühne in Barcelona bei der VMware Explore Europe sagte: Er wolle das Innovationstempo durch verstärkte F&E-Bemühungen beschleunigen und "viel mehr in das VMware-Ökosystem investieren, mit unseren Partnern, den Value-Added Resellern, den Distributoren, den OEMs, den Managed Service Providern und natürlich den globalen Systemintegratoren."
Ob solche Beruhigungsstatements in Richtung Channel reichen? Nachdem der Deal jetzt rechtlich alle Hürden genommen hat, muss VMware schleunigst die Kommunikation mit seinen Partnern suchen und die aktuelle Unsicherheit im Channel mit klaren Ansagen beenden.