"Visionäre Führung" von Systeam nun in den Händen der nächsten Generation
Distributor Systeam bleibt ein reines Familienunternehmen. Michael Mitlacher übergibt an seine Kinder – unter wachsamem Auge von Bruder Volker. Welche bislang bewährten Erfolgsfaktoren die neue Führungsgeneration in die anbrechende Ära des Plattformvertriebs im ITK-Handel bewahren wird.
Nach 4 Jahrzehnten legt IT-Pionier Michael Mitlacher das operative Geschäft des fränkischen Distributors in die Hände seiner drei Kinder. 2023 bekamen die Töchter Stefanie Hoydem (38) und Miriam Hirschi (30) sowie Sohn Matthias Mitlacher (35) Prokura, nun treten sie in die Geschäftsführung der Systeam GmbH und in den Vorstand der Systeam AG ein. An ihrer Seite bleibt ihr Onkel Volker Mitlacher (57). Es gibt hierzulande viele mittelständische IT-Häuser, die eine Nachfolge innerhalb der Familie gefunden haben und sich keinen Investor in Haus holen mussten. Aber eine vierköpfige Führungsspitze, die in einem so engen Verwandtschaftsgrad verbunden ist und die offenbar das Gegenteil von Denver-Clan ist, findet man wohl nur bei Systeam. Mitarbeiter, Reseller und Herstellerpartner dürfen auf eine Kontinuität zählen, so wie sie die Zusammenarbeit mit dem fränkischen Distributor seit Jahrzahnten kennen und schätzen.
Gut, dass Student Michael Mitlacher und seine Kommilitonen der Fachhochschule die Mitte der 80er Jahre gestarteten Pläne mit CAD-Entwicklung und einem Temperaturmessgerät für fränkische Brauereien nicht ausgebaut, sondern sich später auf Großhandel verlegt hatten. Eine gemietete Garage, wo mit der "Logistik" alles begann, gibt es später auch – der Nukleus des heute riesigen Warenlagers in Ebensfeld.
Volker Mitlacher dankt seinem acht Jahre älteren Bruder Michael für seinen jahrzehntelangen Einsatz seine "visionäre Führung", wie er sagt. "Ohne ihn wäre Systeam nicht das, was es heute ist". Bescheiden und zurückhaltend wie beide Brüder sind, gebührt die klare und konsequente Ausrichtung des Geschäftsmodells in turbulenten Jahren für die Branche auch ihm als Systeam-Geschäftsführer, der seit mehr als 33 Jahren die Geschicke des Familienunternehmens mitgestaltet.
Weichen für die Zukunft stellen, das soll und muss nun die neue Generation der Mitlachers. Die Distributionsbranche ist auf dem Weg, den Handel nicht nur zu digitalisieren. Viele digitalen Marktplätze im B2B-Geschäft sind viel mehr als nur Transaktionsplattformen. Sie entwickeln sich zu KI-basierten Interaktionsplattformen für Produktkauf, Geschäftsdatenanalyse, Marketing und viele weitere Services. Plattformanbieter wollen die Großen der Distributionsbranche werden, das transaktionale Geschäft automatisieren. Man könnte auch ein Stück weit von entpersonalisiertem Großhandel sprechen.
Menschen oder Agenten?
Geschäfte werden zwischen Menschen gemacht, heißt es auch heute noch – zumindest bei Systeam und vielen anderen mittelständischen Distributoren. Wird der sehr persönliche Kontakt zu Kunden bald abgelöst durch Agenten, durch Bots also, die kühl und nüchtern Geschäfte untereinander viel effizienter und kostengünstiger abwickeln, als es Menschen tun können? So jedenfalls sehen das einige Visionäre, die aus einem ganz anderen Holz geschnitzt sind als die Mitlacher-Brüder.
Systeams Kunden legen "nach wie vor großen Wert auf die persönliche Betreuung durch ein kompetentes und hilfsbereites Vertriebsteam", liest man in dem vorliegenden Geschäftsbericht von Systeam aus 2022. "Die angebotenen Produktschulungen werden von unseren Vertriebsmitarbeitern auch gerne wahrgenommen, um unsere Kunden bestmöglich beraten zu können und ihnen bei produktspezifischen Problemen weiterhelfen zu können". Persönliche Kontaktpflege ist es also, was System auszeichnet und wie man sie auf den jährigen Hausmessen von Systeam in Bamberg erleben kann.
Profitables Distributionsgeschäft
Das zeichnet die Franken aus und ist offenbar auch erfolgreich. 2022 konnte Systeam den Umsatz um 5,6 Prozent auf 643,3 Mio. Euro steigern, der Konzerngewinn kletterte auf knapp 11,9 Mio. Euro. Das Druckergeschäft ist die Domäne von Systeam, daneben boomte 2022 vor allen aber die BU Netzwerke mit einem Plus von 45 Prozent. Die Franken sind neben Deutschland in der Schweiz und Österreich sowie in Skandinavien präsent. Der Anteil des internationalen Geschäfts lag 2022 bei 37 Prozent.
Neue Märkte erschließen, neue Hersteller an Bord nehmen, Schnittstellen aus dem Bestellsystem an die Systeme der Kunden anbinden und vor allem noch mehr Effizienz in die Prozesse bringen, bleiben eine ständige Herausforderung, die die junge Generation bei Systeam anpacken muss. Die Logistik, Herzstück von Systeam, wurde bereits vor einigen Jahren ausgebaut und für Skandinavien zentralisiert.
Zur Ruhe setzen wird sich Michael Mitlacher übrigens nicht. Er bleibt seinem Unternehmen verbunden, wird seine Erfahrung in ausgewählten Projekten weiter bei Systeam einbringen. Das wird seinen Kindern nur recht sein.