ADN setzt auf KI: "Da kommen jetzt noch mehrere Etagen drauf"

400 Partner beim Transformation Day von Distributor ADN erleben KI von ihrer besten und teils schaurigen Seite. Rund 20 Hersteller zeigen die Zukunft, ADN-Chef Hermann Ramacher und seine Teams bereiten den Weg vor. Den Wandel bekommen die Bochumer auch in eigener Sache zu spüren und reagieren auf Turbulenzen.

ADN-Chef Hermann Ramacher: "Cloud, Security und KI ist eins. Das sollte man nicht trennen"

Es gibt diese sehr nachdenklichen Minuten, die jene schaudern und auch zweifeln lassen, die künstliche Intelligenz auf den Weg bringen oder über KI berichten. Auch auf Tech-Events, wo viel Zukunft gezeigt und noch viel mehr über Geschäftschancen besprochen wird. Ein begeisterter Bilal Zafar, KI-Experte und Keynote-Speaker beim Transformation Day von ADN, zeigt im Video seine per App geordert Autofahrt in einem fahrerlosen Taxi in San Francisco. Rundum und auf dem Dach bestückt mit teils großen Außenkameras sieht das autonom fahrende Auto aus wie ein kompakter Flughafentower auf vier Rädern. Uber-Fahrer sind keine im Saal. Wird es sie und überhaupt Taxifahrer bald nicht mehr geben? Das dürfte ziemlich sicher sein.

Dann zeigt Zafar ein Video, das nur schwer auszuhalten ist: Eine Mutter spricht mit ihrem verstorbenen Kind, besser gesagt: mit dem digitalen Zwilling ihrer kleinen Tochter. LLM, mit den Daten des Kindes gefüttert, täuscht digital über den realen Verlust hinweg. Trauerbewältigung 4.0: was macht das mit uns, wenn KI die Unendlichkeit des Lebens verspricht? Wenn auch nur als Illusion und, wie es Religion mit Verweis auf ewiges Seelendaseins jenseits dieser Welt auch spendet, als Trost.

KI-Keynote von Bilal Zafar: Bei der demonstrierten KI-Trauerbewältigung kann einem der Spaß an der KI-Zukunft vergehen, bevor sie richtig anfängt

"KI ist die größte Chance, die die Menschheit jemals hatte", sagt Bilal Zafar. Diesen Satz haben einige nicht mehr gehört, die sich die gezeigte Szene der Trauerbewältigung in der KI-Zukunft nicht länger ansehen wollten oder konnten. Dass der Satz stimmt, wissen die ADN-Partner ohnehin. Sonst wären sie nicht zum 2. Transformation Day des Value Added Distributors nach Neuss gekommen.

Über 30 Vorträge und Technical Breakouts von 20 Herstellern

Es geht sehr irdisch und handfest zu bei den 32 Präsentationen und technischen Breakouts, die parallel stattfinden. ADN und viele seiner Herstellerpartner informieren über neue Lösungen, Schulungen und Zertifizierungen, Vertriebs- und Marketingunterstützung. Rund 20 Hersteller engagieren sich als Aussteller, sind Sponsoren des Events und halten Experten-Vorträge. Microsoft, Nvidia, Dell aus der Riege der weltweiten Techriesen sind ebenso in Neuss anwesend, wie die Security-Anbieter Watchguard, Sonicwall, Bitdefender, Acronis und die deutschen Spezialisten Hornetsecurity sowie der noch junge Hersteller Enginesight aus Jena. Infrastruktur für Rechenzentren und Cloud zeigen Ionos, Vertiv, Purestorage, Parallels oder Impossible Cloud.

Rund 20 Hersteller und ADN zeigten den rund 400 Teilnehmern am Transformation Day in Neuss KI-Lösungen, stellten Schulungen und Strategien für den Vertrieb vor

Thin Client-Anbieter Igel, mit dem ADN eine mehr als 30-jährige Partnerschaft verbindet, ist auch da. Genauso lange macht ADN Geschäfte mit Citrix. Oder korrekter: machte bis vor kurzem noch welche. Nun hat Arrow den Zuschlag für die Exklusivdistribution bekommen. Citrix-Neugeschäft über ADN ist Geschichte. Der ADN-Tag steht unter dem Motto "Transformation", der ja nicht nur Systemhäuser und MSPs in Richtung KI-Zukunft schieben soll, sondern auch den Gastgeber einiges an Wandel im Herstellermanagement und Service-Portfolio abverlangt.

ADN-Chef Hermann Ramacher wird über eine Citrix-Alternativen sprechen, zuvor aber zieht er im Pressegespräch ein Fazit des vergangenen Jahres, das "insbesondere für die Distribution ein anstrengendes" gewesen sei. Mit 2024 ist er "sehr zufrieden", vor allem das Enterprise-Portfolio mit Storage, Security, allen voran KI-Lösungen von Microsoft und den Trainings, die die ADN-Akademie für den Channel anbietet, seien "positiv gelaufen", so Ramacher.

ADN-Umsatzrekord 2024

850 Mio. Euro hat der Bochumer VAD umgesetzt – 70 Mio. mehr als im Vorjahr und somit knapp 9 Prozent Wachstum erreicht. Bei der Profitabilität habe man zugelegt, die Zahl der Mitarbeitenden auf mittlerweile knapp 290 Beschäftige aufgestockt. Mit rund 10 KI-Trainern treibt die ADN-Akademie das Enablement seiner rund 7.000 Kunden aus dem IT-Channel voran. Know-how-Vermittlung ist schon immer die Stärke des Value Added Distributors gewesen. Der Schulungsbereich wird immer wichtiger, denn die Schlagzahl an Innovationen hat mit KI deutlich zugenommen. "Wir haben schon ein solides Haus stehen, aber da kommen jetzt noch mehrere Etagen drauf", plant Ramacher für die Zukunft.

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Um im Bild zu bleiben: und die "baut" der Chef immer noch selbst. Neue Hersteller identifizieren, um auch weggebrochenes Geschäft ein Stück weit zu kompensieren, oder Distributionsverträge schließen, all das läuft immer noch über den Schreibtisch des ADN-Gründers. Dass er "mehr und mehr in den Hintergrund tritt", wie er sagt, kann man zumindest in Neuss nicht bestätigen. Ramacher stellt sich zwar nur kurz am Abend auf die Bühne. Man sieht ihn tagsüber aber fortwährend in Gespräche mit Herstellern, Partnern und ADN-Mitarbeitern vertieft.

Antichambrieren muss man bei ADN-Chef Ramacher nicht. Seine Türe für ein Hintergrundgespräch mit der Channel-Presse steht immer offen

Wäre das Erreichen der Milliarden-Grenze bei ADN nicht ein schöner Meilenstein auch für den dann privaten Hermann Ramacher? Der 73-Jährige lässt die Katze nicht aus dem Sack, beschäftigt sich lieber, wenn auch vielleicht weniger an der Arbeit im, so aber am Unternehmen. Einen digitalen Zwilling des CEOs Ramacher gibt es übrigens nicht. Diese Info zu seiner Zukunft muss dann auch reichen.

Alternativer Hersteller für Virtualisierung: VergeIO bei ADN

Der Verlust der Citrix-Distribution mag schmerzen. In DACH war ADN ja einer der größten Partner des US-Herstellers. Das Ende der VDI-Technologie ist das aber nicht. "VDI wird es auch noch in 10 Jahren geben und beschäftigt uns weiter", sagt er. Alternativen habe ADN vor allem mit Azure-VDI von Microsoft und den Lösungen von Hersteller Parallels.

VMware und Citrix haben mit ihrem radikalen Bruch des Portfolios und der Vertriebswege über den Channel den Markt für Server- und Desktop-Virtualisierung aufgemischt. Man kann und muss es auch so sehen: Sie haben massiv die Preise angehoben und damit alternativen Herstellern Tür und Tor geöffnet.

Ramacher sondierte und findet mit VergeIO einen Virtualisierungsspezialisten, der "in den USA sehr gut vermarket wird". Auf "Knopfdruck", so Ramacher, ließen sich VMware-Infrastrukturen migrieren. Mit genau mit solchen Alternativen können Systemhäuser den Schmerz ihrer Kunden mildern, die über saftige Preiserhöhungen ihrer Lizenzen für Virtualisierung klagen. Die Unterschrift auf dem Distributionsvertrag mit VergeIO für die Region DACH ist noch ganz frisch, ein Partnerprogramm steht bereits und ADN habe schon erste Partner für VergeIO gewonnen, berichtet Ramacher. Die Distribution sei "exklusiv für DACH" geschlossen worden.

Auch wenn KI das beherrschende Thema beim ADN Transformation Day ist, Chancen gibt es immer wieder auch in etablierten Technologien. Neue Bereiche wie KI mögen die Zukunft sein, mit der Folge, dass die Techgiganten aus den USA und ihre Investoren darauf drängen, ihre Milliarden-Investitionen in KI schnell zu refinanzieren. Ramacher kennt diese Logik, versucht, dass ADN in seiner Region die Partner beim Umsetzen von KI-Lösungen bestmöglich unterstützt und die Technologie in die Fläche kommt. "Wir stehen bei KI noch am Anfang", sagt der ADN-Chef. Das zeigt ihm ein Blick auf die Lizenzverkäufe: "Es werden mehr Testlizenzen gekauft als produktiv im Einsatz sind. Wir wollen aber 5.000, besser 10.000 Lizenzen verkaufen" und das liebsten pro Projekt. Allen voran ADN-Partner Microsoft, einer der wichtigsten Hersteller im Portfolio der Bochumer, wird dem nicht widersprechen.

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