SAP-Vorstand Thomas Saueressig: "Partner sind ein wesentlicher Teil des SAP-Ecosystems"

Rund 160.000 SAP-Kunden sind gezwungen hunderttausende SAP-Systeme in die Cloud zu migrieren. Diese Herausforderung können sie nur mit Hilfe von Partnern bewältigen. Deren wichtigste Disziplinen sind Systemintegration, Datenmigration, Cloud-Infrastruktur, Künstliche Intelligenz und Digitalisierung der Prozesse.

"Jedes Projekt ist individuell und es wird individuelle Timelines geben, jeweils vom Kunden abhängig, denn jeder Kunde hat ein eigenes IT-System und jeder Kunde hat eigene Vorstellungen und eine eigene SAP-Landschaft. Deshalb wird es unterschiedliche Projektansätze geben und unterschiedliche Zeitleisten". SAP-Vorstand Thomas Saueressig im Gespräch mit CRN.

Die Partner sind für SAP das Bindeglied zwischen Anwendern und dem eigenen Unternehmen. Sie sind als Partner für Lösungen und Implementierung für den Erfolg von SAP entscheidend. Der Hersteller wünscht sich, dass sie mit maßgeschneiderten Lösungen und Dienstleistungen zum Kunden kommen. Hier geht ihre Aufgabe über die Implementierung von Produkten und Technologie hinaus. Sie sollen Geschäftsprozesse verbessern, Technologie und Geschäftsmodelle verzahnen und Innovationen treiben.

"Partner sind essentiell für unseren Erfolg", sagt Thomas Saueressig, Vorstand bei SAP. "Wir arbeiten weltweit mit rund 26.000 Partnern. Wir bieten Partnerprogramme für Systemintegratoren und Anbieter von Infrastruktur und wir arbeiten mit Partnern, die unser Portfolio mit eigenen Lösungen und Produkten ergänzen."

Die Kooperation mit den Systemintegratoren ist essentiell, weil diese etwa 90 Prozent der SAP-Projekte durchführen. Hier stehen für den SAP-Vorstand im Moment insbesondere die Transformationsprojekte im Fokus. SAP hatte in den vergangenen Jahren das Ende der Wartung für die laufenden Systeme immer wieder in die Zukunft verschoben. Denn offensichtlich waren weder Anwender, noch Partner für den Wechsel bereit.

Inzwischen hat SAP die Strategie überdacht und nachgebessert. Dazu gehört, dass bei der Transformation nach einer festgeschriebenen SAP-Methodik gearbeitet wird, "weil die Partner damit sicher sind, dass sie eine erfolgreiche und gesamtheitliche Transformation leisten." Laut Saueressig helfe SAP mit den notwendigen Tools, und biete den Partnern kontinuierliche Schulungen und auch Zertifizierungen.

SAP-Partner ergänzen das SAP-Portfolio

Natürlich ist die Transformation von 160.000 Kunden in die digitale Welt eine riesige Aufgabe, zu der auch die Migration einiger der weltweit größten Konzerne zählt. Diese Projekte sind extrem aufwändig und teuer. Da viele Konzerne einige hundert SAP-Systeme betreiben, erstrecken sich die Projektlaufzeiten typischerweise über Jahre. Wichtig ist, dass spezialisierte Partner das von SAP angebotene Portfolio von Werkzeugen um deren eigene Lösungen und Produkte ergänzen. Mit dieser Strategie gelingt es ihnen, die weltweit wichtigsten Unternehmen als Kunden zu gewinnen.

So unterstützt Natuvion den Volkswagen-Konzern bei dessen SAP-Transformation. Das mehrjährige Projekt umfasst die Migration sämtlicher SAP Business Suite 7-Systeme, die bei VW rund um den Globus im Einsatz sind.

Die weltweit größten Konzerne transformieren Daten und Business mithilfe der SAP-Partner in die Cloud, wie hier der VW-Konzern am Standort Wolfsburg.

Sein Unternehmen helfe sowohl bei der Migration als auch bei der strategischen und inhaltlichen Transformationsvorbereitung, sagt Patric Dahse, Gründer und Geschäftsführer von Natuvion. "Im Detail umfasst das die Analyse der existierenden Systeme und Datenpools, die Strategieplanung, die Datenmigration sowie die automatisierte Konvertierung der volkswageneigenen Entwicklungen. Ziel ist es, die Migration zeitgerecht, flexibel skalierbar und gleichzeitig möglichst ressourcenschonend durchzuführen."

In Heidelberg sitzen die Spezialisten von SNP, ebenfalls ein Anbieter von Software für digitale Transformation und automatisierte Datenmigration im SAP-Umfeld. Von der BMW-Group wurde SNP als einer der Partner ausgewählt, der die Transformation der gesamten SAP-Landschaft nach S/4HANA durchführt.

"Auf Basis des standardisierten Migrationsansatzes und vordefinierter Servicepakete werden innerhalb von sechs Jahren mehr als 130 individuelle Go-lives realisiert", beschreibt Jens Amail, CEO von SNP den Umfang des Projektes. "Die SAP-Daten-Migrationen in S/4HANA-Zielsysteme erfolgen nach einem industrialisierten Ansatz, der unter anderem RISE with SAP vollumfänglich unterstützt."

Verschiedene Partnerprogramme

Ein weiteres für SAP entscheidendes Partnerprogramm im Zusammenhang mit der Transformation zielt auf die Infrastruktur, insbesondere auf Hyperscaler-Partnern wie AWS oder Microsoft Azure. Zusätzlich möchte SAP in Zukunft aber auch mit Partnern wie StackIT aus Deutschland zusammenarbeiten, der zum Lidl-Konzern Schwarz-Gruppe gehörende Hyperscaler.

Doch für den Wechsel in die Cloud braucht es mehr als die Anbieter von Infrastruktur und Rechenzentren. "Cloud und künstliche Intelligenz gehören zusammen, in der Zukunft wird das eine nicht ohne das andere funktionieren", unterstreicht Saueressig.

Deshalb muss SAP – auch hier geht es ebenfalls nur mit Hilfe v on Partnern – in den Systemen der Anwenderunternehmen aufräumen.

"Durch das Nutzen von künstlicher Intelligenz wird transparent, dass aufgrund der jeweiligen Datenqualität die Systeme ihre jeweils eigenen Ergebnisse liefern", stellt Saueressig klar. Er sehe das als ein Resultat von Versäumnissen aus den vergangenen Jahrzehnten. "Es gibt keine ERP-Systeme, bei denen keine Modifikationen stattgefunden hätten."

Künstliche Intelligenz bietet interessante Geschäftsmöglichkeiten für SAP-Partner, Denn weniger als zehn Prozent der von DSAG und von Americas‘ SAP Users‘ Group – "ASUG" – befragten Mitglieder sehen sich selbst als Experten für KI. Quelle: DSAG

Auf den On-premise-Systemen konnte jeder Kunde die Daten nach eigenen Vorstellungen modifizieren, die Datenstrukturen verändern. Dies würde sich heute rächen, "weil Daten und Datenqualität die Grundlage für künstliche Intelligenz sind." Das Interesse der SAP sei es, dass die Anwender ihre die Daten nicht nur in die Cloud migrieren, sondern sie dort in eine semantische, einheitliche Form bringen und speichern – "denn darauf basiert künstliche Intelligenz".

Drei Fragen an Thomas Saueressig, Vorstand bei SAP

CRN: Im Moment gibt es Diskussionen um den Energiebedarf von künstlicher Intelligenz. Amazon, Google oder Microsoft haben viel Aufmerksamkeit erhalten, als sie über ihre Pläne zum Einsatz von Atomkraftwerken berichteten. Denken Sie bei SAP ebenfalls darüber nach, mit eigenen Atomkraftwerken den Energiebedarf für künstliche Intelligenz abzusichern?

Thomas Saueressig: Nein!

Wenn Sie mit den Beratungshäusern und auch mit den Systemintegratoren sprechen, welches sind die drei wichtigsten technologischen Kompetenzen, die Sie von ihren Partnern erwarten?

Saueressig: Technologisch sind natürlich KI und die Cloud die großen Themen. Schon heute sind AI und Cloud eng miteinander verzahnt. In Zukunft wird das eine ohne das andere nicht mehr funktionieren. Und genau deshalb wollen und müssen wir unsere Partner für Cloud und KI enablen. Darüber hinaus möchte ich die Business Technology Platform als entscheidende technologische Kompetenz nennen.

Welches sind die wichtigsten Kompetenzen bei Geschäftsprozessen, die Sie von ihren Partnern erwarten?

Saueressig: Auf der Prozessseite fordern wir das Wissen, das es für die gesamtheitliche Unternehmenstransformation bedarf. Hier sprechen wir von vier Dimensionen – den Applikationen, den Daten, den Menschen, den Prozessen. Aus unserer Sicht müssen diese vier Dimensionen zusammengebracht werden, um tatsächliche Veränderungen zu unterstützen. Das Ziel ist die digitale Transformation. Und genau diese Kompetenzen, die für die gesamtheitliche Unternehmenstransformation benötigt werden, werden wir unseren Partnern mehr und mehr abverlangen.