Bundesfaxrepublik Deutschland bekommt eigenes Digitalisierungsministerium

Ein "hohes Ambitionsniveau" bescheinigt der Bitkom der kommenden neuen Bundesregierung. Endlich wird es ein Digitalisierungsministerium auf Bundesebene geben – und sich mit altbekannten Problemen herumschlagen müssen. Vor dem Aufbruch muss der oder die Bundesdigital-Chefin/-Chef zunächst viele Mauern niederreißen.

CDU/CSU und SPD wollen Deutschland in die digitale Zukunft führen und starten durchaus mit Vorschusslorbeeren, wie sie der Digitalverband Bitkom verteilt (Bild: CDU/Linkedin)

CDU/CSU und SPD haben sich auf ein neues Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung geeinigt. Was der ITK-Spitzenverband Bitkom seit langem schon jeder Bundesregierung wärmstens ans Herz gelegt hat, wird nun Realität. Klingt alles sehr gut, was die Berliner Koalitionäre vorhaben: Staatsmodernisierung, Bürokratieabbau, Wirtschaftswachstum und Stärkung der digitalen Souveränität. "Digitale Vorhaben ziehen sich durch alle Bereiche in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft", so der Bitkom. Der Koalitionsvertrag habe "digitalpolitisch insgesamt ein hohes Ambitionsniveau". Papier ist bekanntlich geduldig, große Ambitionen aber wollen an Taten gemessen werden.

Das war (und ist) mit Blick auf ehrgeizige Digitalisierungsvorhaben jeder Bundesregierung das Problem: unklare Zuständigkeiten innerhalb der Bundesressorts, zwischen Bund und Ländern, innerhalb der Länderministerien. Eine konsistente Gesamtstrategie fehlt, dafür gibt es jede Menge Digitalminister und für Digitales Beauftragte auf Länderebene. Digitale Transformation findet in 164 Landesministerien statt, so zumindest Stand Januar 2022, wie aus dem Excel-File des Kompetenzzentrums Öffentliche IT hervorgeht, das auf der Webseite vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme heruntergeladen werden kann.

Im Fazit des Instituts zu seiner Studie steckte und steckt, damals wie heute, das Problem: Der Wille in allen Bundesländern, die "digitale Transformation mit Innovation und Kreativität zu gestalten". Der sei durchaus da. Doch jeder kocht im föderalistischen Deutschland sein eigenes Süppchen. Oder, wenn man es schöner umschreiben will: "auf Landesebene [zeigt sich] ein sehr facettenreiches Bild der staatlichen Lenkung von Digitalisierung. Inwiefern dies ausreichen wird, muss die Zukunft zeigen".

Jetzt also Aufbruch in die digitale Zukunft mit einer oder einem Bundesdigital-Chefin/-Chef. Dazu der Bitkom: "Es kommt bei allen digitalen Maßnahmen darauf an, die einzelnen Vorhaben konkret auszugestalten und mit den nötigen Finanzmitteln zu hinterlegen, damit es nicht bei allgemeinen Absichtserklärungen bleibt". Schnelle Konkretisierung der Vorhaben und eine Klärung der Finanzierung, mahnt Bitkom an.

Erste Herausforderung: Das liebe Geld

Die Liste der Vorhaben im Koalitionsvertrag ist sehr lang, die Parenthese "unter Finanzierungsvorbehalt" lässt alle Umsetzungen fraglich erscheinen. Die Hintertüre zum Ausstieg aus dem Einstieg in einzelne Digitalprojekte haben die Koalitionäre in ihrem Vertrag also eingebaut.

Zweite Herausforderung: wie agieren und nicht nur präsidieren

Digitale Kernthemen gehören in die Hand eines Bundesdigitalchefs, der nicht nur empfehlen, sondern durchgreifen soll. Was man dafür braucht: Koordinierungsrechte, einen Digitalvorbehalt, einen Einzelplan und natürlich Geld. Bund schlägt Länder? Das Gerangel um Kompetenzen und Zuständigkeiten muss ein Ende haben. Nur so könne ein starker Bundesminister für Digitalisierung und Modernisierung "Antreiber für die Digitalisierung werden", so der Bitkom. Mit was also beginnen? "Mit dem Organisationserlass des Bundeskanzlers unmittelbar nach Regierungsübernahme". Was sagt dazu der Koalitionsvertrag? Nichts!

Dafür finden sich im Koalitionsvertrag aber die großen Linien, wo CDU/SPD anpacken wollen: TK-Netzausbau-Beschleunigungs-Gesetz für mehr Glasfasernetze, Bekenntnis zum Rechenzentrums-Standort Deutschland (mit Strompreiskompensationen für die Betreiber) und ein Bekenntnis zum "Digital-Only & Once-Only-Prinzip" für Verwaltungsdienstleistungen. Geradezu revolutionär, man möchte fast sagen, eine Fortschrittskoalition, hätte die Ampelregierung den Titel nicht verbrannt: Bürgerinnen und Bürger sollen künftig an einer Stelle ihre Daten hinterlegen können und nicht bei jedem Verwaltungsvorgang erneut angeben müssen. Dafür muss das Grundgesetz geändert werden, damit der Bund digitale Verwaltungsverfahren und Standards zentral regeln kann.

Absichtserklärungen für eine effiziente und digitale Verwaltung gab es allerdings in der Vergangenheit reichlich, ruft der Bitkom in Erinnerung. "Deutschland braucht jetzt eine echte und vor allem ambitionierte Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung. Die Mammutaufgabe wird sein, die Vorhaben umzusetzen und auch die Länder und Kommunen dafür zu gewinnen".

Dritte Herausforderung: Innovationsaufbruch in die digitale Souveränität

Die neue Bundregierung setzt auf Schlüsseltechnologien. Künstliche Intelligenz, Quantentechnologie und Mikroelektronik beispielsweise. Die Bereiche sollen gefördert werden, was die Wettbewerbsfähigkeit steigern und Deutschlands digitaler Souveränität stärken soll. "Der explizite Auf- und Ausbau der KI-Recheninfrastruktur in Deutschland sowie die beabsichtigte bürokratiearme und innovationsfreundliche Ausgestaltung des AI Acts sind notwendige Maßnahmen, deren Umsetzung nicht hinter den Ankündigungen zurückbleiben darf", sagt der Bitkom.

Die Signale für Startups sind aus Sicht des ITK-Verbands positiv: Weniger Hürden für Gründungen und Beteiligungen, mehr Kapital für Innovation und Wachstum und ein legislatives Detail, das per Federstrich beseitigt werden kann und ein massiver Hebel für den Bürokratieabbau sei: Abschaffung der Schriftformerfordernisse per Generalklausel – also der (Augen zu, liebe Druckerhersteller) papierlose Verwaltungsakt. Zu begrüßen sind ferner: Verabschiedung eines jährlichen Bürokratieentlastungsgesetzes und die vollständige Umsetzung und Ausweitung des "Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung".

Fazit des Bitkom: "Für die neue Legislaturperiode finden sich im Koalitionsvertrag viele wichtige Maßnahmen. Da jedoch alle Vorhaben unter Finanzierungsvorbehalt stehen, kommt es nun auf die Priorisierung durch die Bundesregierung an. Ein echter Aufbruch wird nur gelingen, wenn die wichtigen Absichtserklärungen auch mit konkreten Maßnahmen hinterlegt werden."

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